TAMM TAMM

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„Wie präsentieren Sie des Kaisers Manschettenknöpfe?“

Tamm-Kritiker Friedrich Möwe über Museumspädagogik, Marinegeschichte und eine turbulente Debatte Unter dem Pseudonym Friedrich Möwe hat ein Autor die Broschüre „Tamm-Tamm“ veröffentlicht, eine gut recherchierte Streitschrift zu Tamm, seiner Sammlung und dem geplanten Museum. Vermittelt über die Herausgeber der Broschüre, den „Informationskreis Rüstungsgeschäfte in Hamburg“, interviewten Detlev Brockes und Frank Keil Möwe per E-Mail. in: Hinz und Kunzt, das Hamburger Straßenmagazin, Ausgabe November 2005
Hinz&Kunzt: Sie formulieren Ihre Kritik unter dem Pseudonym Friedrich Möwe. Warum?
Friedrich Möwe: Weil ich diese Kombination von Vor- und Nachnamen mit der friedlich-maritimen Anspielung eigentlich ganz passend finde. Sie wollen aber wahrscheinlich wissen, weshalb ich überhaupt ein Pseudonym verwende. Das hat zwingende privat-familiäre und auch berufliche Gründe – aber für die laufende Auseinandersetzung ist das unwichtig und nur eine Ablenkungsdiskussion.

H&K: Verraten Sie uns wenigstens Ihren Beruf?
Möwe: Ich verdiene mein Brot als Verwaltungsangestellter.

H&K: Sie sind sehr tief in die Materie eingetaucht. Hat das einen biografischen Hintergrund?
Möwe: Meinen Sie damit, ob ich mit Peter Tamm eine „offene Rechnung“ habe? Nein, das ist nicht der Fall.

H&K: Ihr Buch „Tamm Tamm“ hat eine Menge Wirbel verursacht. Sehen Sie sich in Ihrer Kritik bestätigt?
Möwe: Es war allerhöchste Zeit, die Diskussion anzustoßen. Das muss den Bürgern erst einmal begreiflich gemacht werden: In einer Zeit tiefgreifender Sparmaßnahmen stellt die Bürgerschaft einstimmig neben einem wertvollen historischen Gebäude 30 Millionen Euro für ein Museum zur Verfügung, ohne sich ein seriöses Ausstellungskonzept vorlegen zu lassen und ohne sich um die Krieg und Militär verklärende Tendenz zu kümmern, die die Tamm-Sammlung nun mal kennzeichnet. Hier hat die Politik versagt.
Um einer inhaltlichen Debatte auszuweichen, sind mir ja allerlei niedere Beweggründe unterstellt worden, zum Beispiel persönlicher Hass auf Herrn Tamm. Aber bleiben wir auf dem Teppich: Mir ist bisher keine Mitteilung zugegangen, dass auch nur eine einzige der in „Tamm-Tamm“ gegebenen Sachinformationen unzutreffend wäre.


H&K: Aus dem Hause Tamm heißt es immer: Die derzeit ungeordnete private Sammlung werde noch museums-pädagogisch aufbereitet. Entkräftet das nicht Ihre Vorwürfe?
Möwe: So ungeordnet ist die Sammlung nun auch wieder nicht, dass man die Tendenz des Ganzen nicht erkennen könnte! Allein die Tatsache, dass man im Eingangsbereich gleich von Kaiser Wilhelm II., dem Großen Kurfürsten und Bismarck in Form von Porträts empfangen wird – sie alle betrieben eine expansionistische Überseepolitik –, weist doch darauf hin, wohin die Reise geht. Die Ankündigung einer museumspädagogischen Aufbereitung ist sicherlich begrüßenswert. Aber: Erstens hätte es diese Ankündigung ohne die in Gang gebrachte Diskussion sicher nicht gegeben. Und zweitens ist natürlich entscheidend, wie diese museumspädagogische Aufbereitung konkret aussehen wird. Mit welchen inhaltlichen Aussagen sollen denn die goldenen Manschettenknöpfe von Wilhelm II., die U-Boot-Gemälde von Claus Bergen und der Großadmiralsstab von Dönitz präsentiert werden?

H&K: Nur mal angenommen, Herr Tamm überantwortet Ihnen seine Sammlung. Was würden Sie damit anfangen?
Möwe: Welch ein Traum und Albtraum zugleich! Wahrscheinlich würde ich einen guten Teil dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven anbieten, das sicherlich verantwortungsbewusst damit umgehen würde. Mit einer Auswahl von Sammlungsstücken würde ich aber gerne, vielleicht in Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern und Ausstellungsmachern, eine Ausstellung entwickeln, die die Kluft zwischen der grausamen Realität des Seekriegs und der ästhetischen Inszenierung von Marine, Kriegsschiffen und Seeschlachten deutlich machen würde. Die Ausstellung würde zum Beispiel zeigen, mit welchen Formeln und Bildern früher Propaganda für starke Seestreitkräfte gemacht wurde. Sie würde auch nicht verschweigen, welche politischen und wirtschaftlichen Interessen hinter der maritimen Aufrüstung standen. Es ist meiner Meinung nach an der Zeit, der Öffentlichkeit ein Angebot zum Nachdenken über die deutsche Marinegeschichte zu machen – jenseits von „Versenkungserfolgen“ und vermeintlichen Großtaten.

Die Broschüre „Tamm-Tamm“ kostet 5 Euro. Sie kann über den Buchhandel bestellt werden (ISBN 3-938372-03-6). Außerdem steht sie im Internet unter www.tamm-tamm.info

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