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Tamm-Tamm in der Hafencity

Hamburger Senat finanziert Privatmuseum zur Verherrlichung der Kriegsschiffahrt
Junge Welt, 16.06.2005 /  WOLFRAM SIEDE

Mit dem – noch vor der Hamburger Kunsthalle – zweitgrößten Hamburger Museum soll eine »Erlebniswelt von internationalem Rang«, ja ein »Forum der Völkerverständigung« entstehen. Das hatte der Senat Anfang vergangenen Jahres beschlossen. Praktisch wie ein Portal sollen die Philharmonie auf der einen und das Schiffahrts- und Marinemuseum auf der sprichwörtlich rechten Seite die erhofften Touristenströme in die neue Hafencity anlocken. Am Dienstag erfolgte am Dienstag die Grundsteinlegung für das »Internationalen Maritime Museum Hamburg«. Würde auf dem zum Seeschiffahrtsmuseum umgebauten Speichergebäude in der Hamburger Hafencity draufstehen, was tatsächlich drin ist, hieße das Ausstellungsprojekt »Deutsches Kriegsmarinemuseum«.

Bis zur voraussichtlichen Eröffnung Ende 2007 finanziert die Stadt den vollständigen Umbau des historischen Kaispeichers B mit sage und schreibe 30 Millionen Euro. »Noch nie«, so der Autor und Kritiker des Vorhabens Friedrich Möwe, »hat Hamburg ein Privatmuseum mit einem solchen Betrag bedacht«. Anschließend werden die 15000 Quadratmeter in bester City-Lage einer privaten Stiftung zur kostenlosen Erbpacht überlassen. Die Stiftung und namentlich der Stifter, der ehemalige Geschäftsführer des Axel Springer Verlages, Prof. Peter Tamm, bringt die Exponate aus seiner Sammlung ein. Zudem ist Peter Tamm allein für die Ausgestaltung des Museums verantwortlich. Auf ein Mitsprache- und Vetorecht, wie es bei allen Landes- und Bundesstiftungen üblich ist, hat der Hamburger Senat im Stiftungsvertrag verzichtet.

Deshalb befürchten Kritiker, daß den zukünftigen Besuchern wenig vom Meer und noch weniger von der sozial- und wirtschaftspolitischen Realität der Seeschiffahrt gezeigt wird. Selbst das NDR-Kulturjournal spricht von der Gefahr der „Kriegsverherrlichung auf Kosten des Steuerzahlers«, zumal »zwei Drittel der Sammlung der Geschichte der Kriegsschifffahrt« gewidmet sind. Über 1000 Uniformen hat der heute 77jährige Peter Tamm in den vergangenen Jahrzehnten zusammengetragen. Zu begutachten sind seine Ausstellungsstücke schon seit einigen Jahren in einer eigens dafür hergerichteten Villa an der Elbchaussee. Ausgestellt werden aller Voraussicht nach auch Schlachtengemälde von Stöwer, Bergen und Bock – allesamt Auftragsmaler der faschistischen Kriegsmarine. Den technikgläubigen Waffennarren wiederum werden Unmengen von Originalwaffen wie Degen, Dolche, Revolver, Maschinengewehre, ein Torpedoboot der NVA, Geschütze, Minen, Raketen und ein restauriertes U-Boot der faschistischen Kriegsmarine.

Entsprechend befürchtet die Friedensbewegung, die anläßlich der Grundsteinlegung mit einer Mahnwache protestierte, neben der Verschwendung von Haushaltsmitteln insbesondere die Gefahr der Kriegsverherrlichung. So ist der Pensionär und mehrfache Millionär Tamm zugleich Eigentümer der Verlagsgruppe Koehler-Mittler, die Kriegsliteratur und Titel wie »Deutsche Kampfschwimmer im zweiten Weltkrieg« und »Seekrieg im Ärmelkanal« herausgibt. Was bewirkt die »wohl größte in Hamburg öffentlich zugängliche Ansammlung von Hakenkreuzen und Zeugnissen der NS-Zeit unter der Regie eines Mannes, der im politischen System weit rechts steht«, fragt Friedrich Möwe in seiner kritischen Abhandlung »Tamm-Tamm – Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion über das Tamm-Museum« (GNN-Verlag, April 2005). Nach allem, was wir über die Sammlung und den Sammler bis dato bekannt ist, nichts Gutes.

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