Fotoinstallation, 96 Portraits,
je 10 cm x 15 cm, Fotoprints
aufgezogen auf Dibondverbundplatten,
7 Kilo, Farbe, 2005
Videoinstallation für 4 Flatscreens,
in Deutsch, keine Untertitel, 4:3, Farbe,
Unterschiedliche Lauflänge
jeweils im Loop,
DVDs, 2005
Videoanimation,
Englisch, keine Untertitel,
4:3, Farbe, 4 Min, im Loop, 2005
believe, Installationsansicht, 2005 Berlin
believe
Die bis heute anhaltende Popularität der von Samuel P. Huntington’s 1993
ausgegebenen Losung vom „Clash of Civilizations“, verdankt sich der
Vorstellung, dass Kulturen mich sich selbst identisch seien. Diese
Affinität ließ den ganzen ideologischen Staub aufwirbeln, der sich nun
Zusehens verfestigt. Dass auch vermeidlich säkulare Gesellschaften
weiterhin auf dem Fundament ihrer christlich-abendländischen Herkunft
ruhen, prägt vor allem die Klischees, die man sich von anderen Kulturen
macht. Die Video- und Fotoinstallation believe von Ina Wudtke nimmt
mehrere präzise inhaltliche und formale Schnitte in das komplizierte
Gebilde „Kultur“ vor. Dabei geht sie über die von den Cultural Studies
entwickelten Konzepte der Hybridität und Multikulturalität hinaus, indem
sie gemäß der von Michel Foucault getroffenen Unterscheidung zwischen
Sichtbarkeit, Sagbarkeit und Macht, die Differenzen im Heiratsrecht in
der Türkei, Israel und Deutschland untersucht. Vor dem Hintergrund
national organisierter visueller, sprachlicher und juristischer Codes
zeigt die Arbeit zum einen die unterschiedlichen Relationen von
staatlichen und religiösen Institutionen und zum anderen wie sich mit
diesen Befunden ideologische Formationen spiegeln und umkehren lassen.
So wechseln nicht nur vermeintlich essentielle Bestimmungen, die
unterschiedlichen Kulturen zugeschrieben werden, auf die jeweils andere
Seite, sondern Ina Wudkte gelingt es auch, das von der
Geschlechtertrennung geprägte Machtdispositiv für einen Moment
auszuhebeln. Religiös-Orthodoxe Männer, die sich über kulturelle Grenzen
hinweg darin einig wissen, dass sie die sozialen Regeln bestimmen,
werden auf stumme Fotos verbannt. Frauen, die sich diesen Regeln
normalerweise unterzuordnen haben, verfügen in Interviews als
Wissenschaftlerinnen über die diskursive Macht.
Nicolas Siepen
believe rmx two, Installationsansicht 2005, Galerie Meerrettich im Glaspavillon der Volksbühne und Martin Gropius Bau, Berlin