Mit dem Netzkunstgenerator kann jeder ganz einfach und spielerisch zum Künstler werden: Einfach Ihren Namen und einen Titel eingeben und der Computer erledigt die restliche Arbeit! Go to: http://nag.iap.de
Der Netzkunstgenerator ist ein Computerprogramm, das nach Eingabe eines Namens und eines Titels eine Suchmaschine in Gang setzt und gefundenes Bild- und Textmaterial zu einer neuen Website oder einem neuen Bild rekombiniert. Der eingegebene Titel fungiert dabei als inhaltlicher Suchbegriff. Die entstehenden „Werke“ werden online in einem Archiv gespeichert und können von jedem Netzbenutzer heruntergeladen werden.
Seitdem ich 1999 zum ersten Mal automatisch generierte Bilder ausgedruckt und im Rahmen der Ausstellung Serialität, Reihen und Netze in der städtischen Galerie in Bremen gerahmt an die Wand gehängt habe, frage ich mich, wen man eigentlich als Autor dieser Bilder bezeichnen müsste. Auch bei weiteren Ausstellungen nahm niemand Anstoß daran, dass diese Bilder unter meinem Namen ausgestellt und sogar verkauft wurden. Allein die Kunsttheoretikerin Ute Vorkoeper brachte in ihrem Text „Programmierte Verführung“ Bedenken zum Ausdruck im Hinblick auf die Autorenschaft:
“Gleichzeitig assistieren alle Anwender und Anwenderinnen der Künstlerin, die Seite um Seite und Bild um Bild unter ihrem Namen sammelt, manches dann belichtet, hinter Glas rahmt und an Galeriewände hängt. Neben den Bildern steht die Bild-Maschine im Ausstellungsraum und es führen sich - neben der Definitionsmacht des institutionellen Rahmens - die Rollen von Künstlerin und Usern in Anwendung vor. Einerseits wird hier klar mit bestehenden Kategorien und Hierarchien gebrochen, andererseits aber bleiben sie klar installiert und werden ungeniert ausgenutzt.“[1]
Vorkoeper geht davon aus, dass ich in der Lage bin und es auch meine Absicht ist, mir die von anderen produzierten Werke anzueignen und diese schließlich dazu dienen, meinen Ruhm zu mehren und an meinem Mythos zu arbeiten. Darin sieht sie mein künstlerisches Programm und entlarvt mich als gewinnsüchtige Auftraggeberin. Aber wer ist nun — rechtlich gesehen — Autor dieser Bilder? Muss ich meinen Gewinn teilen? Und mit wem?
Um das zu klären, suche ich nach Hilfestellung im Dschungel des Urheberrechtes. Dort ist zu lesen:
„Unter einem Autor versteht man den alleinigen Schöpfer einmaliger literarischer bzw. künstlerischer Werke, deren Originalitätsstatus ihnen den Schutz durch das geistige Eigentumsrecht, das als Urheberrecht oder Autorenrecht bezeichnet wird, zusichert.”
Handelt es sich um ein Werk, an dem nachweisbar und namentlich benennbar, mehrere Urheber mitgewirkt haben, bietet das Urheberrecht die Option von „Miturhebern“ zu sprechen. Worum es sich bei den Bildern des Netzkunstgenerators genau handelt, wird sich hoffentlich klären lassen, wenn alle an der Herstellung der Werke beteiligten Instanzen ausfindig gemacht und ihre Bedeutung gegeneinander abgewogen worden ist.
Als erste für die Bildherstellung wichtige Instanz ist das Computerprogramm zu nennen, ein Perl-Script. Dieses ist identisch mit dem Netzkunstgenerator. Das Programm ist in unserem Fall sicher mehr als ein reines Hilfsmittel wie es etwa ein Word-Programm wäre, mit dem ein Schriftsteller sein Gedicht niederschreibt; das Programm ist ganz wesentlich beteiligt sowohl an der Auswahl des Materials als auch an der Art und Weise wie dieses bearbeitet und neu arrangiert wird.
Da es sich bei dem Perl-Script nicht um ein Standard-Anwendungsprogramm handelt, sondern es zu einem bestimmten Zweck — nämlich Bilder zu generieren — extra entwickelt worden ist, so genannter Individualsoftware, kommen wir als nächste Instanz der Bildherstellung zum Programmierer des Perl-Scripts. Er hat den Quellcode geschrieben und ist der Urheber des Programms.
Als nächstes ist der User zu nennen, der durch die Eingabe des Suchbegriffs — der gleichzeitig als Werktitel fungiert — erheblichen Einfluss auf die im Bild vorkommenden Inhalte ausübt.
Vorhandenes Material mit dem Netzkunstgenerator weiter zu verarbeiten wäre aber nicht möglich, wenn nicht zeitlich vorausgehend andere ‘Originalurheber’ — Künstler, Profi- oder Hobbyfotografen, Grafiker etc. — die von ihnen hergestellten Bilder im Netz veröffentlichen würden. Durch die Bereitstellung ihres Materials leisten diese einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Herstellung der neuen Bilder.
Als letzte Instanz möchte ich mich selbst nennen, die Ideengeberin. Ich bin diejenige, die das Konzept entwickelt und den Programmierer mit der Realisierung beauftragt hat, ich kümmere mich um die Wartung, Verbreitung und Kontextualisierung des Netzkunstgenerators.
Allen diesen an der Entstehung des neuen Werkes beteiligten Instanzen gebührt eingehende Betrachtung.
1. Computerprogramm
Vermutlich stellt im gesamten Prozess der Bildgenerierung das Computerprogramm die am schwersten einzuordnende Rolle dar. Wie bereits oben angedeutet, handelt es sich dabei nicht um ein Hilfsmittel wie es etwa ein Bleistift für die Herstellung einer Zeichnung wäre. Durch das Programm wird festgelegt, welche Suchmaschine angesteuert wird, welche Bilder und Texte in den Pool für zu bearbeitendes Material geladen werden, welche Teile davon tatsächlich bearbeitet werden, welche der möglichen Bildbearbeitungsschritte auf die einzelnen Materialteile angewandt werden, in welcher Reihenfolge dies stattfindet, in welcher Reihenfolge die ausgewählten und bearbeiteten Bildteile wieder übereinander gelegt und als fertiges Bild ausgegeben werden. Zu den Bildbearbeitungsschritten ist anzumerken, dass im verwendeten Netzkunstgenerator nag_04 vierzehn verschiedene Möglichkeiten definiert sind, deren Auswahl und Reihenfolge von einem Zufallsgenerator gesteuert wird. Dabei haben die Zufallsgeneratoren die Aufgabe ein Element einzuführen, das zwar zu einem Computerprogramm grundsätzlich im Widerspruch steht, aber zur Herstellung eines Kunstwerkes unerlässlich ist: nämlich Unvorhersagbarkeit durch Entropie.
Nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes dieser Zufallsgeneratoren bleibt — unabhängig von der ursprünglichen Absicht des Programmierers, des Users oder der Ideengeberin — ein erheblicher Teil der Bildherstellung der Maschine selbst überlassen. Vom Programm als einen zusätzlichen Miturheber im oben genannten Sinn kann man aber nicht sprechen, da Urheberschaft an eine natürliche Person gebunden ist. Dennoch beginnt die Grenze zwischen menschlich Geschaffenem und Computer Generiertem ganz erheblich zu verschwimmen.
Ich zitiere einen juristischen Kommentator:
„Wäre es nicht folgerichtig, den Computer, dem das Produkt entstammt, als Urheber zu betrachten? Es ist nicht mehr ohne weiteres feststellbar, wo der Rechner nur als Werkzeug verwendet wurde und wo er ‘eigenschöpferisch’ tätig war. (...) Dem Großteil computer-generierter Produkte würde der Jurist, der nicht weiß, dass das zu beurteilende Objekt vom Rechner ‘geschaffen’ wurde, eine Werkeigenschaft zubilligen“[2].
Zusätzlich spricht für die Anerkennung des Computerprogramms als den Ort, an dem der kreative Prozess stattfindet und dem damit die Autorschaft gebührt, die Tatsache, dass fast alle Künstler ein einem Computerprogramm vergleichbares — in der Kunstgeschichte als „ästhetisches Programm“ oder „Stil“ bezeichnetes — Verfahren anwenden, wenn sie ihre, oftmals leicht wieder erkennbaren Werke herstellen. Dieses „ästhetische Programm“ eines Künstlers ist funktionell vergleichbar mit einem Computerprogramm, das künstlerische Werke hervorbringt. Trotzdem ist es aber aufgrund des Axioms exklusiver humaner Urheberschaft nicht möglich, dem Programm die Urheberschaft zuzuerkennen.
Andererseits gibt es juristische Theorien, die computergenerierten Artefakten den Werkstatus von vorne herein gänzlich absprechen mit der Begründung, kreative Inspiration und Schöpfertum seien idealistische Werte, die nach ihrem eigentlichen Verständnis einzig dem Menschen vorbehalten seien und von keiner Maschine simuliert werden könnten. Doch die „sinnfällige Werkförmigkeit“ der entstehenden Artfakte scheint gegen eine mangelnde Kreativität der Maschine zu sprechen und verlangt eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik.
Ein, von Juristen diskutierter, Vorschlag zur Lösung des Problems ist die „Präsentationstheorie“, nach der die entstehenden Artefakte zwar maschinelle Produkte seien, das angewandte Programm aber eine unendliche Anzahl von Produkten ermögliche, und es deswegen auf die „kreative Selektion“ der präsentierten Produkte ankomme.
„Durch die Präsentation bekennt sich die Person zu ihrer Selektion und tritt somit — angelehnt an § 12, Abs.1 UrhG — in die Autorschaft ein.“[3]
Analoge Methoden zur Autorschaftsbestimmung in der Bildenden Kunst bestehen bei den „objets trouvés“ und allen Arten der Spurensuche, wo ebenfalls keine Neuschöpfung, sondern die Selektion und Präsentation als künstlerisch-kreative Tätigkeit eingestuft wird.[4] Ob auf diese Objekte aber allein durch die Auswahl in ausreichendem Maß geistiger Gehalt übertragen wird, um den Anforderungen an Eigentümlichkeit und Individualität wie sie das Gesetz verlangt, gerecht zu werden, ist juristisch ungeklärt.[5]
„Computergenerierte Artefakte leiden in den Augen der Juristen jedoch nicht an Gedankenleere, sondern stellen die Frage nach ihrer Genese aus Individualität; und auf diese Frage antwortet die Präsentationstheorie.“[6]
Sie ermöglicht eine Annäherung an die Bestimmung eines Urhebers durch dessen Festlegung von Auswahlkriterien. Stelle ich zum Beispiel automatisch generierte Bilder in einer Galerie oder einem Museum aus, habe ich spezifische Kriterien zur Auswahl der Bilder entwickelt und würde dadurch gemäß der Präsentationstheorie zur Autorin dieser Bilder. Die Präsentationstheorie führt in jedem Fall weg von der Maschine bzw. dem Computerprogramm als Urheber und versucht Autorschaft durch die Verschiebung hin zu einer beteiligten, natürlichen Person zu klären. Neben allen an der Bildherstellung beteiligten natürlichen Personen ist zusätzlich noch ein Szenario denkbar, in dem eine weitere Person, z.B. ein Kurator, Bilder aus dem Online-Archiv auswählt und präsentiert. Laut Präsentationstheorie würde dieser Kurator dann Autor der ausgewählten Bilder werden.
2. Der Programmierer
Neben der Präsentationstheorie diskutieren Juristen für computergenerierte Kunstwerke noch eine weitere Möglichkeit zur Autorschaftsbestimmung, nämlich ganz einfach den Ersteller der Software, die dem Werk zugrunde liegt, als den Urheber der generierten Inhalte festzulegen.
Da es sich auch beim Netzkunstgenerator um eine Individualsoftware handelt, die die Erscheinungsform des entstehenden Artefaktes wesentlich bestimmt, ist der Gedanke, den Programmierer als Autor zu benennen, nicht von der Hand zu weisen. Zusätzlich zu § 2, Abs.1 UrhG, der Computerprogrammen als Werke der Literatur Schutz gewährt, gibt es seit 1993 eine Ergänzung speziell für Software. Im § 69a UrhG heißt es:
„Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.“
Demgemäß ist der Programmierer eindeutig Urheber der schutzfähigen Software, und gleichermaßen soll er — laut Vorschlag der Juristen — auch als Autor der erstellten Artefakte gelten. Dass es sich bei dem Generierungsprogramm selbst um ein schutzfähiges Artefakt, nämlich ein Sprachwerk handelt, das seinerseits neue Artefakte produziert, ist im Falle des Netzkunstgenerators besonders bemerkenswert.
Wie groß ist nun der Einfluss des Programmierers auf die entstehenden Bilder? Im Code des Programms manifestiert sich die Logik des Programmierers. Durch seine Intelligenz versucht er, seiner Vorstellung von Kreativität Ausdruck zu geben. Aber es wäre eine etwas naive Betrachtungsweise, ein Computerprogramm als Repräsentation ‚künstlerischer’ Kreativität bzw. des Kreativitätsverständnisses des Programmierers zu verstehen. Dennoch kann man im Moment nichts anderes als Maßstab heranziehen, als die Intention des Programmierers und sein handwerkliches Können in Bezug auf die Umsetzung dieser Absicht. Ob dieses allerdings etwas mit Kunst oder künstlerischer Urheberschaft im eigentlichen Sinn zu tun hat, bleibt fraglich. Die Fähigkeit, eine Idee handwerklich umzusetzen, ist nach heutigem Verständnis nicht notwendigerweise Kunst. Nichtsdestotrotz haben sich in unserem Fall sämtliche Miturheber den — auch ästhetischen — Entscheidungen des Programmierers zu unterwerfen und tun dies, automatisch, durch ihre stillschweigende Nutzung des Programms.
Einen weiteren Aspekt, den ich zur Diskussion dieses Problems anführen möchte, ist das in der alteuropäischen Poetik vorhandene Autor-Konzept des gelehrten Dichters, der zwar eigene Werke produziert, diese aber nicht in der Individualität des Verfassers begründet sind, sondern allein in einem meisterhaften Umgang mit der Technik der Poesie, also einem Regelwerk. Autorschaft ist hier nicht begründet in Invidividualität und Genialität, sondern in genauer Kenntnis und besonders kunstvoller Handhabung der Regeln. Überträgt man diese Sicht auf den Netzkunstgenerator, führt dies zwangsläufig wieder zurück zu Punkt 1, der Software als Urheber. Es bleibt einzuwenden, dass der Code sich nicht selbst schreibt und somit die Person des Programmierers unverzichtbar bleibt, denn es ist nur seiner Arbeit zu verdanken, mögliche von tatsächlichen Werken zu differenzieren.
Der Vorschlag, den Programmierer in den Status des alleinigen Autors der entstehenden Produkte zu erheben, sollte aber überhaupt nur in dem Fall diskutiert werden, für den keinerlei anderes menschliches Zutun zur Entstehung der Artefakte erkennbar ist, was für unseren Fall ganz bestimmt nicht zutrifft. Da eindeutig mehrere andere Personen an der Entstehung des Werkes beteiligt sind, könnte man beim Programmierer bestenfalls von einem Miturheber sprechen. Dazu kommt, dass die alleinige Urheberschaft des Programmierers im Hinblick auf das Programm selbst bereits fraglich ist, weil es sich nämlich um ein besonderes Zusammenwirken des Programmierer mit mir als Ideengeberin handelt: Ich habe einer Software-Firma den Auftrag erteilt, einen Netzkunstgenerator zu programmieren. Der bei dieser Firma angestellte Programmierer handelt im Rahmen meines Auftrages. Damit tritt § 69b des UrhG in Kraft, worin es heißt:
„ Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.“
Gleichzeitig bleibt die Urheberschaft des Programmierers am Programm auch im Fall einer reinen Auftragsarbeit unbestritten. Wichtig zu bemerken, sind die „vermögensrechtlichen Befugnisse“ des Arbeitgebers, also der Firma. Worin diese genau bestehen, welche Rechte (z.B. Nutzungsrechte) an mich abgetreten werden, muss in einem Vertrag zwischen mir, der Auftraggeberin, und der Firma festgelegt werden. Nach der so genannten „Zweckübertragungstheorie“ werden im Zweifel nur die Rechte an den Auftraggeber übertragen, die sich aus dem Zweck der nach außen erkennbaren Umstände der Beauftragung ergeben.
Dazu kommt aber im Fall des Bildergenerators, dass Idee und Konzeption des Programms von mir, der Auftraggeberin stammen, und ich darüber hinaus bei der Realisierung des Programms durch regelmäßige Tests, Kritik und Verbesserungsvorschläge nicht unwesentlich an der letztendlichen Form des Programms mitgewirkt habe. In diesem Sinne müsste meiner Ansicht nach auf jeden Fall von einer Miturheberschaft meiner Person ausgegangen werden. Das sieht der Gesetzgeber aber keineswegs so. Seiner Ansicht nach formt jeder Auftraggeber einer Individualsoftware den Funktionsumfang des Programms mehr oder weniger bis in die Details, ohne damit juristisch zum Urheber bzw. Miturheber zu werden. Das heißt, dass meine Miturheberschaft an dem Computerprogramm — rein juristisch gesehen — bestritten wird. Ich habe zwar die Idee geliefert, diese ist aber in unserem Rechtssystem kaum schützbar bzw. wird im Vergleich zur Ausführung der Idee als zu vernachlässigend in der Bewertung eingestuft. Nach der These, die den Programmierer eines Computerprogramms ebenfalls als Urheber der durch das Programm entstandenen Artefakte ansieht, wäre ich folglich weder Urheberin noch Miturheberin der entstehenden Bilder.
3. Der User
Zusätzlich zu den bereits erwähnten Konstellationen des Zusammenwirkens bei der Herstellung eines automatisch generierten Bildes muss noch eine weitere Rolle untersucht werden, nämlich die des Users.
Bei den Netzkunstgeneratoren handelt es sich um ein interaktives Konzept, das heißt es bedarf der Mitwirkung von Interagierenden, die über die reine Auswahl vorgegebener Optionen hinausgeht. Der Netzkunstgenerator ist ohne das Zutun der Interagierenden nicht in der Lage Bilder hervorzubringen; erst durch den Gebrauch, also durch die Eingabe eines Titels und eines Namens, kann das Werk überhaupt entstehen. Die Interagierenden finden ein Handlungsfeld vor — in Form des Computerprogramms — in dem sie sich, zwar nicht uneingeschränkt, aber dennoch eigenschöpferisch betätigen können. Der Jurist Gerhard Schricker spricht in so einem Fall „freier“ Interaktivität von „Umgestaltung bzw. Fortsetzung geschützter Werke“ — was gerade im Hinblick auf den Netzkunstgenerator sinnfällig erscheint. Gleichzeitig schlägt er vor, für die freien interaktiven Werke die für die „Umgestaltung bzw. Fortsetzung geschützter Werke“ gültigen Rechtsgrundsätze anzuwenden. Damit kommen in die Diskussion § 23 UrhG, der die „Bearbeitungen“ bzw. „Umgestaltungen“ und § 24 UrhG, der die „freie Benutzung“ eines Werks regelt.
„Im ersten Fall, einer ‚Bearbeitung’, entsteht ein eingeschränkt selbständiges neues Werk, das als Variante des Ausgangswerkes angesehen wird. Dieses sekundäre Werk des Bearbeitens erfordert daher hinsichtlich seines Zustandekommens die ausdrückliche Genehmigung des Urhebers des bearbeiteten Werkes.“
Im zweiten Fall hat der interaktive User ein ganz neues Werk hervorgebracht, das „die Züge einer persönlichen geistigen Schöpfung“ aufweist und damit selbständig schutzfähig ist und „ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden“ darf (§ 24 UrhG). Welcher Paragraph und damit welche Regelung trifft nun für den Netzkunstgenerator zu? Handelt es sich bei den neu entstehenden Bildern um eine eigene schöpferische Leistung, die schutzfähig ist und ohne Zustimmung des Originalurhebers[7] hergestellt werden darf oder vielmehr um ein eingeschränkt selbständiges Werk, das der Genehmigung des Urhebers bedarf? Was das entstehende Werk anbelangt, gibt es zwar Anzeichen dafür, dass es nur eingeschränkt selbständig ist – schließlich besteht jedes neue Bild lediglich aus Teilen von anderen Bildern — jedoch spielt die unvorhergesehene Art und Weise auf die die Teile eines ursprünglichen Werkes mit Teilen anderer ursprünglicher Werke kombiniert wird, eine große Rolle. Und damit kommt wieder das Programm, der Programmierer und die Ideengeberin ins Spiel. Die Verfremdungsmechanismen des Netzkunstgenerators bewirken — in der Regel —, dass ein ursprüngliches Bild kaum noch eindeutig identifiziert werden kann, aber es gibt auch Ausnahmefälle, für die sicherlich individuell entschieden werden müsste.
Die Einbettung des Netzkunstgenerators in einen eindeutig künstlerischen Kontext verleiht der § 24 UrhG zuneigenden These mehr Gewicht. Das einzelne, neu entstandene Bild mag zwar als eingeschränkt selbständiges Kunstwerk eingestuft werden, es handelt sich dabei aber um einen Teil eines künstlerischen Konzeptes, das wiederum eindeutig eine eigenständige schöpferische Leistung darstellt. Betrachtet man also das neue Werk nicht als einzelnes, unabhängiges Werk, sondern als Teil eines größeren künstlerischen Konzeptes, kann man durchaus vertreten, es als eigenschöpferisches und schutzfähiges Artefakt zu betrachten. In diesem Fall bedürfte die Herstellung auch nicht der Zustimmung des Originalurhebers.
Ob es sich bei dem durch Interaktion entstandenen Werk um ein Gemeinschaftswerk handelt, also im Sinne des § 8 UrhG um eine echte Miturheberschaft — und wer genau als Miturheber zu bezeichnen ist — bleibt im Falle des Netzkunstgenerators noch zu entscheiden. Zwar ist die Intervention des Users identifizierbar und erheblich, aber die Beteiligung geschieht meist spontan und scheint nicht unbedingt von absichtsvoller und wohlerwogener Kooperation gekennzeichnet zu sein. Von einer Absicht zur Zusammenarbeit, die eine Miturheberschaft wesentlich begründen würde, kann man nur sehr begrenzt ausgehen. Einerseits würde ohne die Intervention zwar gar kein Bild entstehen, welches Bild aber entsteht, kann der User lediglich thematisch frei bestimmen. Die genaue Auswahl der Bilder sowie weitere Einflussnahme auf das Endresultat sowie dessen Weiterverwertung bleiben ihm verwehrt. Rein technisch kann also die Miturheberschaft des Users nicht definiert werden, deshalb schlage ich vor, die Haltung und die Absicht des Users bei der Nutzung des Netzkunstgenerators als ausschlaggebend zu betrachten. Viele der Werke sind mit „Anonymus“ bezeichnet und können von daher schon keiner Person zugeordnet werden, aber selbst bei jenen, die mit einem richtigen Namen versehen sind, ist es schwierig bis unmöglich, sie tatsächlich als Miturheber der neuen Bilder mit einzubeziehen.
Richtig problematisch wird die Rolle des Users als schwer zu identifizierenden Miturhebers auch erst dann, wenn es darum geht, einen Verwertungserlös gerecht aufzuteilen. Das Gesetz schlägt in so einem Fall die „Hinterlegungslösung“ vor, der gemäß der auf einen User entfallende Erlös beim zuständigen Amtsgericht hinterlegt werden und bei Nichteinforderung des Miturhebers nach 30 Jahren an den Staat fallen würde. In jedem Fall kann der vom User angegebene Name bzw. sein Wunsch, anonym zu bleiben, bei der Bezeichnung des Bildes erwähnt werden.
4. Der/die Originalurheber
Die Liste der an der Bildproduktion Beteiligten ist immer noch nicht vollständig, denn was das Programm unbedingt braucht, um funktionieren zu können, ist das Material, das es im Netz vorfindet, das es weiterverarbeitet, aus dem das neue Werk erst entstehen kann. Und dieses Material hat seinerseits einen Urheber. Um diesen Urheber von dem Urheber des neu geschaffenen Werkes abzugrenzen, nenne ich ihn in Anlehnung an Schricker „Originalurheber“.
„Der Originalurheber stellt ein als solches vollendetes Werk zur Verfügung, das zur Umgestaltung oder Fortsetzung gleichsam einlädt; die weitere Entwicklung bildet eine neue, eigenständige Schaffensstufe.“[8]
Was einen Originalurheber dazu motiviert, sein Material ins Netz zu stellen, kann sicher im allgemeinen nicht geklärt werden. Ob er mit einer durch die Veröffentlichung im Internet leicht möglich gemachten Weiterverarbeitung einverstanden ist, ob er gar dazu einlädt oder darin einen Rechtsbruch sieht, ist von Fall zu Fall verschieden. Eine spezielle Funktion des Netzkunstgenerators nag_04 ermöglicht es in jedem Fall, die Quellen (URLs) der benutzen Bilder zu recherchieren. Gibt es auf den entsprechenden Websites Hinweise auf die Herkunft der Originalbilder, ermöglicht dies, bei Bedarf, den Originalurheber der verwendeten Bilder ausfindig zu machen. Allerdings kann man in der Regel nicht von einer eindeutigen Angabe der Urheberschaft ausgehen. Dies ist wiederum aus unterschiedlichen Gründen der Fall; einer davon kann sein, dass eine Person, die ein Bild im Internet veröffentlicht, nicht notwendigerweise dazu autorisiert bzw. mit dem Originalurheber nicht unbedingt identisch ist.
Entscheidet sich ein User des Netzkunstgenerators dazu, Warhol Flowers als Titel des neuen Werkes einzugeben, knüpft er damit an eine lange und komplizierte Werkgeschichte an. Wie bei vielen anderen bekannten Kunstwerken kann man auch hier nicht nur einen, sondern eine ganze Reihe von Originalurhebern ausfindig machen. Obwohl man zu allererst an Andy Warhol als Originalurheber der berühmten und weit verbreiteten Blumenbilder denkt, gibt es aber zu seinen Blumenbildern, die im Jahr 1964 entstanden und in über 1000 Variationen vorliegen, eine Vorlage, die nicht von ihm stammt. Tatsächlich hatte die us-amerikanische Fotografin Patricia Caulfield in einem Fotomagazin 1962 ihre Fotografie von Hibiskusblüten veröffentlicht, die Andy Warhol so gut gefallen hat, dass er sie als Vorlage für seine Bilder verwandte. Der große Erfolg Warhols brachte es mit sich, dass auch seine Blumenbilder in kürzester Zeit große Verbreitung und Popularität fanden. Patricia Caulfield erfuhr so von der Weiterverarbeitung ihrer Fotografie und entschloss sich – auch aufgrund des finanziellen Erfolges der Warhol-Bilder — den Künstler wegen Verletzung ihres Copyrights zu verklagen. Die Fotografin bekam Recht, Warhol zahlte nicht nur eine Entschädigung, sondern auch fortlaufend Anteile seiner Einnahmen aus den Blumenbildern, was ihn bezüglich weiterer Verwendung vorgefundener Motive vorsichtiger werden ließ.
Wie bereits erwähnt, gibt es von Warhol selbst mehr als 1000 Variationen der Blumenbilder. Abbildungen dieser Bilder finden sich vorwiegend auf den Webseiten von Museen, Galerien oder Postershops. In diesen Fällen kann man davon ausgehen, dass die Abbildungen autorisiert sind und es sich tatsächlich um Bilder von Warhol handelt. Darüber hinaus finden sich unzählige Abbildungen von Warhol-Blumenbildern bzw. von anderen, oftmals deren Manier nachahmenden und dieselbe Bezeichnung tragenden Bildern auf privaten Homepages. Diese Bilder sind, wenn sie von Warhol-Vorlagen stammen, nicht legitimiert und/oder haben oft wenig mit Warhols Motiv zu tun. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch derartige, fälschlicherweise mit Warhol Flowers bezeichnete Bilder vom Netzkunstgenerator in einem neuen Bild mit verarbeitet werden. Besonders komplex, sowohl aus kunsthistorischer wie auch aus juristischer Sicht, wird unsere Frage nach dem Originalurheber, wenn Bilder der us-amerikanischen Künstlerin Elaine Sturtevant vom Netzkunstgenerator verarbeitet werden. Die Künstlerin benutzte ab 1965 die Siebdruckanlage von Andy Warhol, um exakte Wiederholungen seiner Drucke herzustellen, die sie allerdings mit ihrer Unterschrift versehen in den Kunstmarkt einspeiste. Unter den von ihr nachträglich produzierten Bildern befindet sich auch das Blumenmotiv von Warhol. Sturtevant behauptet bis heute die Echtheit und Originalität der von ihr signierten Reproduktionen bekannter Werke der Moderne. Da auch zahlreiche Reproduktionen der Warhol-Blumenbilder von Sturtevant im Netz zu finden sind, kann es nicht ausgeschlossen werden, dass das eine oder andere verwendete Originalmotiv nicht wirklich von Warhol, sondern von Sturtevant stammt. Dies kann nur eindeutig festgestellt werden, wenn das Bild entsprechend deutlich bezeichnet ist.
Bei einer Reihe von Warhol-Blumenbildern, die ich produziert habe, kann man eindeutig die Dominanz einer bestimmten Quelle erkennen, bei der es sich auch nicht direkt um die Originalabbildung eines Warhol-Bildes handelt. Das schwarz-weiße Bild, das die Blumen lediglich durch ihre Konturen andeutet, stammt von einer Lernwebsite für Kinder[9], denen durch ein interaktives Malbuch-Konzept eine große Anzahl von Künstlern nahe gebracht wird. Einer davon ist Warhol, und die Kinder — oder sonstige User — können durch Mausklick eine der vielen vorgegebenen Farben auswählen und durch einen weiteren Mausklick in ein abgeschlossenes Feld des Konturenbildes übertragen. Ist das Bild vollendet — vollständig ausgemalt — kann es als eigene Version des Warhol-Blumenbildes heruntergeladen werden. Und natürlich kann es nicht nur heruntergeladen, sondern auch wieder als eigenes Werk — oder gefälschtes Warhol-Werk — auf der eigenen Website veröffentlicht werden.
Rein konzeptuell betrachtet hätte Warhol sicherlich viel Freude an dem interaktiven Malbuch, das täglich unzählige neue Versionen seiner Blumenbilder in immer neuen Farbvariationen hervorbringt und Assoziationen zu seinem 1962 entstandenen Gemälde „Do it yourself (Landscape)“ auslöst, in dem er die Idee des Malens nach Zahlen ironisch aufgreift. Und die Idee eines Computerprogramms, das sich nicht nur mit dem Erstellen neuer Farbvariationen begnügt, sondern unzählige neue Bildkompositionen hervorbringt, ausgehend von den vier einfachen Hibiskusblüten, würde ihm sicherlich noch viel mehr Freude bereiten. Speist man alle diese neuen Variationen wieder unter dem Titel Warhol Flowers ins Netz ein, dürften sich langsam aber sicher die originalen Quellen immer schwerer unterscheiden lassen von „Bearbeitungen“ und „freien Benutzungen“. Darin kann man unschwer eine Weiterentwicklung der Konzepte Warhols erkennen. Sicherlich würden die neuen Werke seine amüsierte Zustimmung finden— umso mehr, wenn er auch noch finanziell davon profitieren könnte.
5. Die Ideengeberin
Zuletzt möchte ich auf meine eigene Rolle als Ideengeberin zu sprechen kommen und untersuchen, wie groß mein Anteil bei der Herstellung des Bildes ist. Es war immer Teil meiner künstlerischen Arbeit, nicht nur Produkte als Urheberin herzustellen, sondern auch über die Mittel der Produktion nachzudenken, diese zu verändern und vor allem auch traditionelle Rollenverteilungen zu hinterfragen. Dazu ein Zitat von Rainer Crone:
“Allein die Möglichkeit der Reproduzierbarkeit eines Tafelbildes von Warhol, allein der Zweifel an der tatsächlichen Autorschaft des individuellen Produzenten an seinem Produkt nimmt diesem seinen jahrhundertealten Schein der Autonomie, des Authentischen, des individuell Bedingten.“[10]
Nicht erst an der Idee der Reproduzierbarkeit, sondern bereits an der Produzierbarkeit anknüpfend, versuche ich Irritationen des Künstlerbegriffes auszulösen — was Warhol auch tat, indem er Mitarbeiter der Factory veranlasste, „seine” Bilder für ihn zu machen: eine Massenproduktion mit Hilfe anderer. Und wollte man noch weiter zurückgehen, könnte man das Prinzip bereits in den Werkstätten großer Meister wie Rembrandt, Michelangelo oder Caravaggio entdecken. Die Idee, dass ein Künstler für sich arbeiten lässt, ist nicht neu. Warhol wollte selbst eine Maschine sein, wie er in einem Interview äußerte[11] und baute einen ganzen Apparat auf zur Bilderproduktion. Aber nicht er war die Maschine, sondern er erschuf die Maschine und wurde Teil von ihr. Der Name des Meisters — egal ob Rembrandt oder Warhol — fungiert dabei als Label und bürgt als solches für „Qualität“ oder besser gesagt für „Originalität“, auch wenn der Meister selbst gar nicht Hand angelegt hat. Dieses Modell einer Produktionsweise, die zwar von einem Künstler angestoßen wird und unter seinem Namen stattfindet, aber zu einem gewissen Grad auch ohne ihn auskommt, ist auch auf den Netzkunstgenerator anzuwenden.
Warhol kombinierte ein altes, überkommenes Medium, das Tafelbild, mit dem damals neuen Medium der Fotografie. Das Konzept des Netzkunstgenerators geht noch einen Schritt weiter und kombiniert Tafelbild und Fotografie mit dem Internet. Und im Gegensatz zur Warholschen Factory verschwimmen beim Netzkunstgenerator die Grenzen zwischen Produktion und Rezeption/Konsumption tatsächlich. Die User spielen bei der Herstellung eine nicht unerhebliche Rolle. Der Konsument wird nicht nur pro forma zum Produzieren aufgefordert, sondern ist notwendiger Teil der Produktion.
Die Idee, der Anstoß zu dem Prozess werden von mir geliefert; dann bedarf es der Aktivitäten anderer, um Ergebnisse hervorzubringen. Wie wesentlich die Rolle der anderen Beteiligten im Falle des Netzkunstgenerators — juristisch — eingeschätzt wird, wurde oben bereits erörtert. Was bedeutet es, die Verantwortung für das Konzept zu haben und die Kriterien für die Regeln und den Code festzulegen? Und was passiert mit mir, der Künstlerin? Schaffe ich mich selbst ab? Verschwinde oder sterbe ich gar, nachdem ich den Programmierer bezahlt und alles in Gang gesetzt habe? Was kann ich noch tun? Soll ich noch etwas tun?
Anfang der 1970er Jahre war man sich bezüglich Warhols Werk einig, dass es keinen Sinn mehr mache, nach dem Original zu fragen bei der Vielheit von Abzügen, die existierten und kursierten. Warhol schien es damit tatsächlich gelungen zu sein, Teile der Kunst umzufunktionieren. Umso absurder erscheint heute das von der Warhol Foundation betriebene Andy Warhol Art Authentication Board[12], das vorgibt genau das zu tun, was Warhol selbst zu unterwandern suchte, nämlich Originale durch Bewertung und Zuschreibung „herzustellen“. Das macht deutlich, dass die Durchsetzung seines Konzeptes nur temporär und partiell möglich war und langfristig vom Kunstmarkt und seinen Bedürfnissen wieder assimiliert werden konnte. Wie in den meisten Fällen verfolgt das Werk zwar eine bestimmte Absicht des Künstlers, aber es können Diskrepanzen auftreten zwischen der Absicht des Autors und der Absicht des Werkes.
Mit einer Bezugnahme auf Warhol, Sturtevant und andere Künstler der „appropriation art“ wird deutlich, wie viele Künstler bereits sehr früh an der Problematik von Urheberschaft, Original und Copyright gearbeitet haben. Der Themenkomplex ist eine Dauerbaustelle in der bildenden Kunst. Die Künstler machen teilweise äußerst radikale künstlerische Vorschläge und werfen Fragen auf, die vom bestehenden Recht nicht mehr abgedeckt werden können. Eigentlich bedürfte es neuer gesetzlicher Regelungen wollte man verhindern, komplexe neue Fragestellungen so zu vereinfachen, dass sie wieder ins Muster bestehender Gesetze passen. Die unzureichende Gesetzgebung blockiert nicht selten sogar auch künstlerische Entwicklungen.
6. Fazit
Im Fall des Netzkunstgenerators haben mich meine juristischen Recherchen zu dem überraschenden Ergebnis geführt, dass ich mich zu unrecht als Urheberin der generierten Bilder bezeichne. Trotzdem stelle ich diese Bilder aus und verkaufe sie, ohne den Erlös mit irgendeinem potentiellen Miturheber zu teilen. Der Kunstbetrieb hat kein Problem damit, im Gegenteil. Die eindeutige Zuordenbarkeit zu einem Namen ist immer ein wichtiges Verkaufskriterium gewesen und wird es bleiben. Ich werde mich weiterhin bemühen, möglichst großen Gewinn zu erzielen und trotzdem daran arbeiten, bestehende Kategorien und Hierarchien des Kunstsystems zu unterwandern.
[1] Ute Vorkoeper, Programmierte Verführung. Cornelia Sollfranks Netzkunstgeneratoren testen das Autorenmodell, siehe S.
[2] Thomas Peter Schmid, Urheberrechtliche Probleme moderner Kunst und Computerkunst in rechtsvergleichender Darstellung, München 1995, S. 136f.
[3] Gerhard Plumpe, Der Autor im Netz, 134.147.94.139/plumpe/vortraege/netzautor.pdf
[4] Schmid, a.a.O., S.44
[5] Schmid, a.a.O., S.107
[6] Plumpe, a.a.O.
[7] Originalurheber im Sinne von Schricker: „... stellt ein als solches vollendetes Werk zur Verfügung, das zur Umgestaltung oder Fortsetzung gleichsam einlädt; ..." (Schricker 1997, 48); siehe auch S. 14
[8] Gerhard Schricker (Hg.), Urheberrecht auf dem Weg zur Informationsgesellschaft, Baden-Baden 1997, S.48
[9] http://www.enchantedlearning.com/paint/artists/warhol/coloring/flowers.shtml
[10] Rainer Crone, Die Tafelbilder Warhols, 1972, in: Rainer Crone/ Wilfried Wiegand, Die revolutionäre Ästhetik Warhols, Darmstadt 1972
[11] “I want to be a machine”, sagt Andy Warhol in einem Interview mit Gene Swenson (“What is Pop Art”, in ArtNews 62, New York (1963), S.26