TAMM TAMM

Künstler informieren Politiker

Sollfrank, Cornelia

Ich unterstelle einfach mal, dass es gute Gründe vonseiten der Politik gab, für die doch ungewöhnlich zügige Beschlussfassung und den unmittelbaren Geldtransfer in Richtung Tamm: Es war Kritik zu erwarten. Es funktioniert nicht, die Bürger einfach zu überrumpeln und mit vollendeten Tatsachen zu konfrontieren und weder Informationen über die bestehende Sammlung noch über die geplante Museumskonzeption zu veröffentlichen. Da Sie vor der Beschlussfassung keine öffentliche Diksussion führen wollten, müssen sie diese eben jetzt führen.
20. September 2005
Lieber Herr Ernst,

in Ihrem kurzen Antwortschreiben, sagen Sie, dass Sie und Ihre Kollegen die Position der  Künstler/-innen, die an der TAMM TAMM Aktion teilnehmen nicht teilen. Unsere Initiative hat nur insofern Stellung bezogen als wir versuchen, die offensichtlich sehr schlecht informierten Politiker/-innen (Ihre Reaktion bestätigt dies nur - wieso sonst sollten sie sich hinter Herrn Rusche verstecken) zu informieren, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus stellen wir kritische Fragen. Unsere Position ist also auch kritisch. Aber lehnen Sie jedes Gespräch ab mit jemanden, der nicht von vorne herein Ihre Meinung teilt?

Nochmal: Das Grundkonzept unserer Aktion ist, dass ein/e Künstler/-in mit einem/r Abgeordneten zusammenkommt. Das scheinen Sie und Ihre Parteikollegen immer noch nicht verstanden zu haben. Was ist daran nicht zu verstehen? Darauf werde ich auch weiterhin bestehen müssen. Vielleicht sollten Sie so ein Treffen nicht als feindliche Attacke abwehren, sondern als eine Gelegenheit betrachten, die Neues und Interessantes zu Tage fördert. Ich finde es schade, dass Sie und die meisten Ihrer Kollegen dies so abblocken. Interessanterweise haben die SPD-Abgeordneten überhaupt kein Problem damit, mit uns zu sprechen. Wie ist das zu erklären? Haben die mehr Zeit? Weniger Angst vor Diskussion? Sind sie vielleicht einfach schlauer, weil sie es verstehen, unsere Kampagen für sich zu nutzen, während die CDU es vorzieht, sich durch Abwehr zu schmücken?

Jedenfalls spricht es eine deutliche Sprache, dass Ihre gesamte Partei sich nicht auf so eine Situation einlassen kann. Das wirkt verkrustet, verkrampft und überheblich. Ihrem Image haben Sie durch Ihr Verhalten auf jeden Fall mehr geschadet als genutzt. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Sie sind 11 Jahre jünger als ich und sehen aus, wie ein smarter junger Mann. Geben Sie sich mal einen Ruck! Sind Sie nicht auch ein klein wenig neugierig?? Ich bin mir sicher, wir könnten ein durchaus konstruktives und angenehmes Gespräch führen und bitte Sie hiermit nochmals um einen Terminvorschlag.

Ihre Patin
Cornelia Sollfrank

P.S.: Ist die TAMM TAMM Broschüre bei Ihnen eingegangen? Ich habe sie vor ca. 2 Wochen per Post an Ihre Büro-Adresse geschickt.


19. September 2005


Sehr geehrte Frau Sollfrank,

vielen Dank für Ihr Statement zum Internationalen Maritimen Museum Hamburg. Ihre Initiative hat ja eindeutig Stellung zu den Plänen bezogen. Diese Position kann ich und können auch die Kolleginnen und Kollegen aus der CDU Fraktion nicht teilen.

Zur Beantwortung Ihrer Mail leite ich Ihnen ein Schreiben weiter, welches der Kulturpolitische Sprecher der CDU Bürgerschaftsfraktion, Herr Dietrich Rusche, im Namen der von Ihnen angeschriebenen CDU Abgeordneten an Ihre Künstlerinitiative geschickt hat. Dieses müsste Ihre Bedenken weitestgehend zerstreuen.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Ernst



17. September 2005
Sehr geehrter Herr Ernst,

sicher hatten sie diese Woche viel zu tun und deshalb noch keine Zeit auf mein Anschreiben zu reagieren. Ich möchte mich hiermit nochmals freundlichst in Erinnerung rufen. Die meisten Abgeordneten haben mit ihren Künstlern für diese Woche - die Woche nach der Wahl - einen Termin abgemacht. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn wir diese Woche auch einen Termin verabreden könnten. Ich werde mich Anfang der Woche auch nochmal telefonisch melden.

Mit freundlichen Grüßen,
Cornelia Sollfrank


 10. September 2005

Kunstaktion: TAMM TAMM – Künstler informieren Politiker


Sehr geehrter Herr Ernst,

wir kennen und zwar nicht persönlich, aber wir hatten diverse leichtere Zusammenstöße während Ihrer Zeit als Pressesprecher der Kulturbehörde in der Ära Horákova. Und da Sie über einen längeren Zeitraum auch Abonnent der von mir betriebenen Mailingliste [echo] – Kunst, Kritik und Kulturpolitik in Hamburg waren, dürfte Ihnen mein Name bekannt sein.

Ich wende mich heute an Sie im Rahmen der Aktion „TAMM TAMM – Künstler informieren Politiker“. Die Aktion besteht darin, dass 121 Künstler/-innen Patenschaften für die 121 Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft übernehmen. Der Zufall hat entschieden, dass Sie mein Patenkind sind. Somit habe ich die verantwortungsvolle Aufgabe, Sie über den wahren Gehalt der Sammlung Peter Tamm zu informieren und Sie auf die Gefahren hinzuweisen, die für die Stadt Hamburg entstehen, wenn Herr Tamm - ohne jegliche Kontrollinstanzen - seine Sammlung und sein damit verbundenes Weltbild auf 15.000 qm und Staatskosten in der Hafencity ausbreiten darf.

Mir ist durchaus bewusst, dass Sie selbst nicht als Abgeordneter die Entscheidung für den Beschluss der Bürgerschaft tragen, da er vor Ihrer Amtszeit gefasst worden ist, dennoch sind Sie mit dem Projekt durch Ihre Funktion als Pressesprecher der Kulturbehörde bestens vertraut und haben heute als Abgeordneter und Mitglied des Kulturausschusses zu verantworten, welche kulturpolitischen Entscheidungen heute in unserer Stadt getroffen werden. Mit dem Beschluss der Bürgerschaft im Februar letzten Jahres und den bereits erfolgten Zahlungen an die Stiftung Peter Tamm sen. ist der „Fall Tamm“ nämlich in keinster Weise erledigt. Ganz im Gegenteil.

Eine öffentliche Diskussion zum Thema „Internationales Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, Hamburg“ beginnt gerade erst, und es wird der Hamburger Politik nicht möglich sein, dieser Diskussion auszuweichen mit dem Argument, der Beschluss sein längst gefasst. Das Museum existiert noch nicht, und sowohl das Zustandekommen der Verträge als auch deren Inhalt sind dermaßen skandalös und unhaltbar, dass sich die Politik auf jeden Fall einer Diskussion wird stellen müssen. Es ist nie zu spät etwas zu verhindern, dass es noch nicht gibt!

Ich unterstelle einfach mal, dass es gute Gründe vonseiten der Politik gab, für die doch ungewöhnlich zügige Beschlussfassung und den unmittelbaren Geldtransfer in Richtung Tamm: Es war Kritik zu erwarten. Es funktioniert nicht, die Bürger einfach zu überrumpeln und mit vollendeten Tatsachen zu konfrontieren und weder Informationen über die bestehende Sammlung noch über die geplante Museumskonzeption zu veröffentlichen. Da Sie vor der Beschlussfassung keine öffentliche Diksussion führen wollten, müssen sie diese eben jetzt führen.

Aber neben der Angst vor Kritik, gibt es meines Erachtens noch einen weiteren gewichtigen Grund, warum eine öffentliche Diskussion nicht früher stattgefunden hat: Bisher gab es einfach zu wenige Informationen, die als Basis für eine öffentliche Diskussion hätten dienen können. Wie meine Recherchen ergaben, existiert weder eine Bestandsaufnahme noch irgend eine Art von Katalogisierung der Sammlung, geschweige denn wissenschaftliche Gutachten über deren Qualität. Dank des Readers TAMM TAMM, den ich Ihnen hiermit freundlichst als Geschenk überreichen möchte, hat sich nun die Informationslage geändert. Ich gestehe, dass die Argumentation des Readers nicht umfassend ist und sich wesentlich auf militaristische bzw. anti-militaristische Ansätze konzentriert und dabei stadtplanerische sowie kulturpolitische Perspektiven ausser acht lässt, aus denen man das Projekt sehr wohl zusätzlich kritisieren könnte, dennoch enthält der Reader die Ergebnisse einer seriösen – und bisher einzigen – Recherche bezüglich der Inhalte der Tammschen Sammlung, gegen deren Richtigkeit auch vonseiten der Tamm Stiftung keinerlei Einwendungen erhoben wurden.

Wie ich gestern von Herrn von Schassen, dem Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft erfahren habe, besteht innerhalb der CDU-Fraktion nun die Möglichkeit die Briefe der Künstler/-innen an Herrn Rusche weiterzuleiten, der sie – sozusagen als Experte – beanworten soll. Ich denke, Sie konnten meinem Brief entnehmen, dass ich mir selbst die Mühe gemacht habe, mich mit der Materie „Tamm“ vertraut zu machen, mich informiert habe – unter anderem durch einen Besuch in der Sammlung. Nur dadurch bin ich zu meiner kritischen Position gekommen. Ebenso haben sich die anderen 120 Künstler/-innen unserer Aktion die Mühe gemacht, sich zu informieren. In Anbetracht der Größe und Bedeutung des Projektes erwarte ich nun das Gleiche auch von Ihnen. Bitte nehmen Sie sich die Zeit für die Lektüre der Broschüre, nehmen Sie sich die Zeit für ein persönliches Gespräch mit mir. Nutzen Sie die Gelegenheit. Falls Sie zu einer anderen Position kommen, würde ich mir Ihre Argumente gern anhören. Gerade als Mitglied des Kultrausschusses müssen Sie doch daran interessiert sein, sich vertieft mit der Materie auseinanderzusetzen, anstatt einfach auf einen weiteren „Experten“ zu verweisen. Wie mir Herr von Schassen versicherte, erlaubt die Policy Ihrer Partei explizit, dass weitere Künstlergespräche geführt werden!

Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Kontaktaufnahmen protokolliert und auf einer gemeinsamen Website veröffentlicht werden (www.tamm-tamm.info). Betrachten Sie dies als Chance, Ihr Verantwortungsbewusstsein, Ihre Bürgernähe und Ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen. Bitte schlagen Sie mir einen Gesprächstermin vor, mein Terminplan ist flexibel.


Mit freundlichen Grüßen,
Cornelia Sollfrank

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