TAMM TAMM

Künstler informieren Politiker

Ormanin, Dagmara

Sehr geehrte Frau Ormanin,

ich freue mich über das Interesse, das Sie als "Patin" im Rahmen der Initiative "TAMM TAMM - Künstler informieren Politiker" an der kulturellen Entwicklung unserer Stadt und insbesondere an dem künftigen Internationalen Maritimen Museum in der HafenCity zeigen.

Die von Ihrer Initiative in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen wurden von meinem Fraktionskollegen Dietrich Rusche, dem kommissarischen kulturpolitischen Fachsprecher unserer Fraktion, mit Schreiben vom 16.09.05 gegenüber Ihrer Initiative ausführlich beantwortet. Die darin geäußerten Ansichten und Einschätzungen entsprechen vollumfänglich auch meiner Meinung, so daß ich an dieser Stelle auf eine Wiederholung verzichten möchte.

Erlaubt sei aber noch der Hinweis, daß sich Herr Tamm während seiner langjährigen Tätigkeit für das Haus Axel Springer in vorbildlicher Weise gerade für die Aussöhnung zwischen Christen und Juden und überhaupt das friedliche Zusammenleben zwischen den Völkern aktiv engagiert hat.

Mit freundlichen Grüßen,

Andreas C. Wankum MdHB
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Andreas C. Wankum!

Im Rahmen der Initiative "TAMM TAMM – Künstler informieren Politiker" (Siehe www.tamm-tamm.info habe ich die Patenschaft für Sie übernommen und hoffe dieser Aufgabe (für die Dauer der Initiative) gerecht zu werden und Sie über das geplante "Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm" zu informieren. Mein Name ist Dagmara Ormanin, ich bin Künstlerin und Architekturstudentin an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Seien Sie herzlich begrüßt!
Und bitte lassen Sie sich erst gar nicht durch den Umstand irritieren, dass unser Patenschaftsverhältnis ohne Ihren Wunsch und Ihr Wissen zustande gekommen ist – Patenschaft beschreibt sich nämlich als "einseitiges Fürsorgeverhältnis", wenn Umstände dies erforderlich machen.
Dieser Fall ist eingetreten, wie Sie nach Lektüre meines Briefes feststellen werden.


Die Überzeugung, die die Initiative "TAMM TAMM – Künstler informieren Politiker" zugrunde liegt, besteht darin, dass die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft niemals der Errichtung des oben genannten Museums, geschweige denn einer ‚Investition’ von 30.000.000 € in dieses Projekt hätten zustimmen wollen, hätten Sie ausreichende Informationen über die Sammlung von Peter Tamm (ihre bisherige Präsentation und deren Kontext) sowie das Handwerkszeug zu wirksamer Argumentation gegen das Vorhaben gehabt.
Grundsätzlich wäre die Einschätzung des Hamburger Senats in Frage zu stellen gewesen: "Seit vielen Jahren trägt Prof. Peter Tamm wesentlich dazu bei, die Schifffahrtsgeschichte der Menschheit und dabei insbesondere die Rolle Deutschlands als Schifffahrtsnation zu erforschen und zu dokumentieren. Er sieht in der Vermittlung von Geschichte die Grundlage für die Entwicklung der friedlichen Koexistenz der Völker, der Nutzung der Handelswege und der Erforschung der Meere." (BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 17/3986, 17. Wahlperiode, 06.01.04, S. 1.) Peter Tamms Beiträge zur Forschung hätten kritischer Überprüfung bedurft. Ebenso hätte der angebliche Wunsch einer friedlichen Koexistenz der Völker anhand der Art von Geschichtsvermittlung, wie sie heute in Tamms Museum an der Elbchaussee und in der verlegerischen Tätigkeit zu Militär und Schifffahrt praktiziert wird, plausibel bezweifelt werden können. Hätte doch bereits ein kurzer Überblick die Sammlung als von Waffen, Uniformen, Orden bestimmt gezeigt, unter besonderer Würdigung der deutschen Militaria von 1933–1945. Auch die offizielle Marinemalerei des Kaiserreichs und des Nationalsozialismus, die die Weltkriege in Bildern von Seeschlachten aus deutscher Kriegs-Perspektive darstellt, fehlt hier nicht. Auch können die organisatorischen und inhaltlichen Kontinuitäten mit diesen Zeiten in von Peter Tamm (mit)betriebenen Verlagen kaum übersehen werden. Als Beispiel sei die Publikations-reihe "SMS" (Schiffe Menschen Schicksale) aus dem Maximilian Verlag genannt, die schon in den 50er Jahren "im Stil von Landserheften"(Friedrich Möwe, TAMM TAMM. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion, S. 17.) im fast identischen Wortlaut erschien, um ungebrochen propagandistisch weiter zu wirken – nämlich aus der Erzählhaltung eines mit der nationalsozialisitischen Sache identifizierten Kriegsteilnehmers. Der maßgebliche Autor dieser von Peter Tamm verlegten Reihe ist Otto Mielke, der 1940 mit "Der Heldenkampf von Narvik" ein Lehrbeispiel kriegsverherrlichender Literatur geschaffen hatte.
Die Vorstellung, dass mit der Sammlung aus dem bisherigen Tamm-Museum und dem U-Boot-Archiv Horst Bredows in der HafenCity ein Ort entstehen könnte, der in der Formulierung von Dr. Wilfried Maier, GAL "de[n] größte[n] Beitrag Hamburgs zur Menschheitszivilisation" darstellt, nämlich als geleistet "durch Hamburger Seeleute, durch Hamburger Hafenarbeiter, durch Hamburger Kaufleute" (BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Plenarprotokoll 17/53, 17. Wahlperiode 28. 01. 04 (Auszüge der Debatte um das TammMuseum), S. 3.) – nun, dies erscheint mir in mehrfacher Hinsicht als zweifelhaft. Denn zu bedenken ist: Der Terminus Menschheitszivilisation erhebt ‚Zivilisierte’ über noch ‚Unzivilisierte’ in einem unkritischen Fortschrittsbegriff: gewissermaßen als Heldenkampf der jeweils Herrschenden. Die Vermittlung dieser Geschichtsphilosophie ist allerdings dem zukünftigen Museum durchaus zuzutrauen. Die Erwartung jedoch, dass dabei den ‚zivilisatorisch’ Instrumentalisierten, etwa den argumentativ in Anspruch genommenen Hamburger Hafenarbeitern, historisches Recht widerfahren könnte, dies erscheint nur als höchste politische Ironie des Redners erklärlich, der insofern ganz richtig für weitere konzeptionelle Arbeit plädierte.
Demgegenüber möchte ich die These aufstellen, dass es voraussichtlich im "Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm" am Beispiel maritimer Sujets um die Vermittlung eines deutsch-nationalen und militaristischen Weltbildes gehen wird, wie es von einem fiktiven Zeitreisenden aus dem Nationalsozialismus im Sinne der damaligen Geschichtsauffassung hätte umgesetzt werden können, ergänzt durch technische, insbesondere Rüstungsentwicklungen zu Wasser auch nach 1945.
Insofern teile ich die Bedenken, die in der Broschüre "Tamm-Tamm. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion", Friedrich Möwe, Hamburg 2005 mit über die zu erwartende Gestaltung dieses "Schifffahrts- und Meeresmuseums" formuliert werden.
"Ein Museum ,in dem gewaltsame Eroberungspolitik, Werkzeuge der Vernichtung und Kriegshandlungen verharmlost oder glorifiziert werden, würde im Widerspruch zur Präambel der Hamburger Verfassung stehen, nach der die Hansestadt ‚im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt’ sein will. Die Hamburger Öffentlichkeit ist bisher nicht angemessen darüber informiert worden, in welch hohem Maß Tamms Sammlung kriegs- und militärbezogene Gegenstände umfasst und welches Geschichtsbild er mit ihnen verbindet. Der mit der Stadt abgeschlossene Vertrag ermöglicht es Tamm, in völlig autokratischer Weise zu bestimmen, welche Exponate er in dem neuen Museum präsentiert." (Möwe, TAMM TAMM, S. 6.)
Das möchte ich mit Ihnen besprechen und bei geteiltem Interesse
Gegenstrategien entwickeln.

Im Januar 2004 hat die Bürgerschaft mit den Stimmen von CDU und SPD (die GAL hat sich enthalten) beschlossen, Peter Tamm für seine Sammlung den Kaispeicher B in der HafenCity mietfrei (!) zur Verfügung zu stellen. Obendrauf gibt es 30 Millionen (!) von der Stadt Hamburg. Können Sie mir eine Erklärung liefern, warum die Stadt zahlt, dabei aber auf jegliches Mitspracherecht verzichtet? Ich zitiere aus dem Zuwendungsvertrag, §5 Ziffer 7, Anlage 5 zu Bürgerschafts-Drucksache 17/3986, S. 17: "Die Vertragsparteien stellen ausdrücklich klar, daß das alleinige Entscheidungsrecht über die Präsentation der musealen Sammlung Peter Tamm, die Auswahl der Exponate, die Gewährung und Entgegennahme von Leihgaben, die Durchführung von Ausstellungen, Vorträgen und der gesamte Betrieb des Museums allein bei der Peter Tamm Sen. Stiftung liegt."
(Siehe Datenbank der Bürgerschaft, Suchwort: "Peter Tamm", unter www.buergerschaft-hh.de

Herr Wankum, wie erklären Sie ausländischen Diplomaten und Investoren, dass Hamburg ein Museum fördert, das Devotionalien rechtskräftig verurteilter NS-Kriegsverbrecher ausstellt? Wie erklären Sie den Hamburgern eine derartige Verwendung öffentlicher Mittel - in Zeiten erhöhter Kita-Gebühren, Abschaffung der Lernmittelfreiheit, Schließung von Schwimmbädern und etc?
Wenn die Stadt nicht interveniert, wird das Tamm-Museum den Ruf Hamburgs nachhaltig beschädigen. Die HafenCity bekommt kein "Event-Museum", sondern einen Wallfahrtsort für Menschen mit zweifelhaft-rechtslastiger Gesinnung. Da Sie im Januar 2004 noch nicht Mitglied der Bürgerschaft waren, verantworten Sie das drohende Desaster nicht direkt mit. Aber Sie können sich dafür einsetzen, dass dieses Museum niemals eröffnet. Sollte dies nicht möglich sein – schließlich sind die Verträge schon unterschrieben - bitte ich Sie, sich wenigstens für folgende Punkte einzusetzen:
• sorgen Sie dafür, dass das Museum mit Hamburgs weltoffenen, friedlichen Image vereinbar wird
• verhindern Sie, dass nationalsozialistische Herrschaftszeichen, Militärorden etc ausgestellt werden
• die Exponate müssen in einen wissenschaftlich anerkannten Kontext gestellt werden
• Setzen Sie sich dafür ein, dass der Museums-Beirat, der bisher kein Stimmrecht hat, Mitspracherecht bekommt
• sorgen Sie dafür, dass zivile Schifffahrt bzw. die friedliche, ökologisch sinnvolle Nutzung der Meere den Schwerpunkt des Museums bildet .

Herr Wankum, ich bin einigermaßen entsetzt über die Blauäugigkeit von Bürgerschaft und Senat. Peter Tamm 30 Millionen Euro plus den Kaispeicher B anzuvertrauen, und dabei auf jegliche Kontrollmöglichkeit verzichten... Da würde ich auch gern mal mit der Stadt Verträge schließen! Oder ist die Freigiebigkeit der Volksvertreter vielleicht damit erklärbar, dass Peter Tamm als ex-Springer-Vorstand über exzellente Medien-Kontakte verfügt? Besteht gegenüber einem derart mächtigen Mann Hemmung? Könnte es sein, dass aus dem gleichen Grund die Medien kaum über diesen Skandal berichten?
Falls Sie der Meinung sind, dass ich übertreibe: Bitte besuchen Sie das Tamm-Institut an der Elbchaussee 277.

Mit freundlichen Grüßen,
Dagmara Ormanin

PS: Ich würde Ihnen gerne die Broschüre "TAMM TAMM. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion über das Tamm-Museum." persönlichen überreichen. Damit Sie sich noch detaillierter informieren können.

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