TAMM TAMM

Künstler informieren Politiker

Wieczorek, Wanda

Korrespondenz mit Robert Heinemann
Schulpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion
4. - 26. September 2005

* * * * *

Von: Wanda Wieczorek
Datum: 4. September 2005 13:09:41 Uhr MESZ
An: Robert Heinemann
Betreff: tamm tamm

Sehr geehrter Herr Robert Heinemann,

im Rahmen der Initiative "TAMM TAMM – Künstler informieren Politiker" (www.tamm-tamm.info) habe ich eine "Patenschaft" für Sie übernommen. Mein Name ist Wanda Wieczorek, ich bin Kunst- und Kulturwissenschaftlerin und lebe in Hamburg und Kassel.

Sicherlich haben Sie von Ihren KollegInnen in der Bürgerschaft bereits von der Initiative TAMM TAMM gehört, deren Ziel es ist, eine öffentliche Diskussion über das am 12. Februar 2004 von der Bürgerschaft beschlossene "Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, Hamburg" anzuregen und die Errichtung des Museums in seiner geplanten Form zu verhindern.

In Konsequenz des damaligen Beschlusses der Bürgerschaft stellt die Stadt Hamburg der maritimen Privatsammlung des Herrn Tamm für 99 Jahre den historischen Kaispeicher B mietfrei zur Verfügung und unterstützt seine Stiftung mit 30 Millionen Euro. Die abgeschlossenen Verträge wurden aufgrund eines wissenschaftlich mehr als fraglichen, ausgesprochen vagen Museumskonzeptes geschlossen und garantieren Herrn Tamm eine rundum autokratische Stellung. Als Vorsitzender des Stiftungsvorstandes auf Lebenszeit entscheidet allein Herr Tamm darüber, was in seinem Privatmuseum wie und auf welche Weise der Öffentlichkeit präsentiert werden soll.

Die rechtslastige politische Gesinnung des Herrn Tamm ist kein Geheimnis. So gehört ihm unter anderem die kriegsverherrlichende und historisch stark vorbelastete Verlagsgruppe Koehler/Mittler (www.koehler-mittler.de), die während der deutschen Kolonialzeit, sowie im ersten und zweiten Weltkrieg für die Verherrlichung und Glorifizierung der Taten des deutschen Militärs sorgte.

Was die Sammlung selbst betrifft, so ist deren wissenschaftlicher und historischer Wert ausgesprochen fraglich: Quantität steht eindeutig vor Qualität. Der Schwerpunkt von Tamms Sammlung liegt keineswegs, wie weithin angenommen, auf der zivilen Schifffahrt, sondern auf kriegs- und militärsbezogenen Gegenständen: Kriegsschiffe, Militärsuniformen, Kriegsorden und Insignien der Befehlsgewalt, viele davon nationalsozialistisch. Am derzeitigen Standort der Sammlung in Peter Tamms Institut in der Elbchaussee fehlt insbesondere in Hinsicht auf Exponate aus der NS-Zeit jegliche kritische Distanzierung.

Es ist zu befürchten, dass Herr Tamm von sich aus keine kritische Kontextualisierung seiner zu großen Teilen aus Militaria bestehenden Marinesammlung vornehmen wird. Während die Stadt Hamburg im vergangenen Jahr die Unterstützung für Frauen- und Künstlerhäuser sowie die Filmförderung gestrichen bzw. gekürzt hat, finanziert sie trotz leerer Kassen ein Privatmuseum, für das es kein stichhaltiges Konzept gibt und das voraussichtlich Kriegsschiffe und Nazi-Devotionalien auf unkritische, historisch und wissenschaftlich unfundierte Weise präsentieren wird.

Die Initiative TAMM TAMM geht davon aus, dass die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft niemals der Errichtung des "Internationalen Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, Hamburg" zugestimmt hätten, hätten ihnen ausreichende Informationen über die Sammlung von Peter Tamm vorgelegen. Da Sie selbst der Bürgerschaft erst nach dem Beschluss beigetreten sind, kann und will ich Sie persönlich für den Entschluss Ihrer Fraktion nicht verantwortlich machen. Ich möchte Sie jedoch zu Sammlung und Person Peter Tamm informieren und mit Ihnen in einen Austausch über Ihre Handlungsmöglichkeiten und Verantwortlichkeit als jetziger Bürgerschaftsabgeordneter treten.

Ich bin der Meinung, dass alles getan werden muss, um das Museum in der aktuell geplanten Form zu verhindern und hoffe, dass Sie diese Einschätzung nach eingehender Beschäftigung mit dem Thema teilen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Interesse der sich als weltoffen präsentierenden Stadt Hamburg oder der CDU sein kann, mit dem Tamm Museum eine Wallfahrtsstätte für Kriegsverherrlicher und Neonazis im neuen Herzen Hamburgs, der Hafencity, zu schaffen.

Aus diesem Grund werde ich Ihnen in den nächsten Tagen die Broschüre "Friedrich Möwe: Tamm-Tamm. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion über das Tamm-Museum" (Hamburg 2005) zu Ihrer Information zuschicken. Zudem würde ich Sie gerne zu einem persönlichen Gespräch über die Inhalte der Broschüre sowie die kultur- und bildungspolitischen Implikationen des Museumsbeschlusses aufsuchen.

Ich freue mich auf Ihre baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Wanda Wieczorek

* Bitte beachten Sie: die hiermit angestossene Korrespondenz wird im Rahmen des Aktion TAMM TAMM auf der Webseite der Initiative veröffentlicht: www.tamm-tamm.info *

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Von: Anke Jobmann
Datum: 9. September 2005 11:57:25 Uhr MESZ
An: [verschiedene CDU-PatInnen]
Betreff: Ihre Anfrage zum Thema "Internationales Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm"

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
vielen Dank für Ihre Anfragen an Mitglieder der CDU-Bürgerschaftsfraktion zum Thema "Internationales Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm". Die Abgeordneten haben Ihre Schreiben an mich weitergereicht mit der Bitte, die Beantwortung mit dem zuständigen Fachsprecher zu koordinieren. Dies wird noch einige Tage in Anspruch nehmen.
 
Bis dahin verbleibe ich
 
mit freundlichen Grüßen
 
Dr. Anke Jobmann
- wiss. Referentin -
CDU Bürgerschaftsfraktion

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Von: Wanda Wieczorek
Datum: 12. September 2005 14:41:27 Uhr MESZ
An: Robert Heinemann
Betreff: tamm tamm II

Sehr geehrter Herr Heinemann,

Bezug nehmend auf meine Email vom 04.09. sowie die Ihnen zugegangene Broschüre TAMM TAMM, möchte ich mich heute erneut bei Ihnen um eine persönliche Stellungnahme und/ oder einen Gesprächstermin über das geplante „Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseums Peter Tamm“ bemühen.

Zwar habe ich in der Zwischenzeit eine Email von Frau Anke Jobmann erhalten, deren Aufgabe es wohl ist, die Anfragen an CDU-Bürgerschaftsabgeordnete gesammelt zu behandeln, jedoch gilt meine Anfrage nicht Ihrer Fraktion oder Partei, sondern Ihnen persönlich. Wie Sie wissen, ist das Vertrauen der WählerInnen in ihre RepräsentantInnen das Rückgrat einer parlamentarischen Demokratie. Mein Bemühen um eine persönliche Stellungnahme geschieht in der Hoffnung darauf, dass dieses Vertrauen mit inhaltlicher Kompetenz und einem klaren Blick für die drängenden Fragen dieser Stadt beantwortet wird.

Da Sie schulpolitischer Sprecher der Bürgerschaft sind, interessiert mich insbesondere Ihre bildungspolitische Einschätzung des Museums - welches Geschichtsbild vermittelt das geplante Museum? Ist dieses Geschichtsbild mit der Selbsteinschätzung Hamburgs als weltoffene, tolerante Stadt vereinbar? In welcher Weise wird den BesucherInnen des geplanten Museums die Geschichte des Themas Seeschifffahrt zugänglich gemacht?

Die Auswahl der Exponate sowie ihre jetzige Präsentation lassen befürchten, dass einerseits Seefahrt vor allem auf Kriegs- und Militärgeschichte verengt wird (der Großteil der Sammlung widmet sich der militärischen, nicht der zivilen Schifffahrt) und dass andererseits damit eine Glorifizierung dieser Geschichte als notwendige Voraussetzung einer nationalen Existenz einher geht. Peter Tamm wird nicht müde darin zu betonen, welche großartigen Leistungen die deutsche Seefahrt hervorgebracht hat, er unterschlägt jedoch konsequent die blutigen und gewaltsamen Auswirkungen dieser "Erfolgsgeschichte". Nicht zuletzt haben Kolonialismus und Nationalsozialismus die Seefahrt "groß" gemacht.

Meines Erachtens entspricht es nicht dem bildungspolitischen Auftrag eines öffentlich geförderten Museums, mit einer Sammlung von Militaria "Gefühle" und die "Begeisterung der Menschen" für kriegerische Auseinandersetzung zu wecken (vgl. die . Ich halte eine solche unreflektierte Präsentation für regelrecht gefährlich. Ich denke, es ist unerlässlich, unter wissenschaftlicher und historischer Begleitung auch die dunklen Seiten der Seefahrtsgeschichte sichtbar und diskutierbar zu machen.

Ich bin mir sicher, dass Sie auch aus bildungspolitischer Warte eine solche Einschätzung teilen und hoffe, dass Sie diese in ihrer Fraktion sowie in der Bürgerschaft vertreten - nicht zuletzt um den zu befürchtenden immsensen Image-Schaden von der Stadt abzuwenden. Das bedeutet für den jetzigen Vertrag mit Peter Tamm Modifikationen in wesentlichen Punkten - und zwar vordringlich in Bezug auf die inhaltliche Entscheidungsbefugnis, die Herrn Tamm momentan noch allein eingeräumt wird.

Ich freue mich auf ihre Antwort und eine Stellungnahme zu den genannten Befürchtungen,
und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Wanda Wieczorek

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Von: Robert Heinemann
Datum: 15. September 2005 0:23:25 Uhr MESZ
An: Wanda Wieczorek
Betreff: AW: tamm tamm II

Sehr geehrte Frau Wieczorek,

auf Ihrer Website steht: "Die künstlerische Protestaktion setzt bei den politisch Verantwortlichen des Skandals an, den Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft. Die Künstler/-innen gehen davon aus, dass die Abgeordneten in Unkenntnis der Sachlage dem Museumsprojekt zugestimmt haben. Die Künstler versuchen diesem Mißstand entgegenzuwirken, indem sie die Abgeordneten nun informieren."

Unabhängig davon, ob es sich um einen Skandal handelt: Sie selber schreiben auf der Website, dass die Abstimmung im Februar 2004 erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch nicht Abgeordneter - wie übrigens viele meiner Bürgerschaftskollegen, die erst im März 2004 in die neu gewählte Bürgerschaft eingezogen sind. Ich habe dem Projekt also nicht in "Unkenntnis der Sachlage" zugestimmt, sondern habe gar nicht abgestimmt.

Ich habe dennoch auf Ihre Mail hin einmal die relevante Drucksache 17/3986 gelesen - und kann Ihre Befürchtungen darin nicht ansatzweise bestätigt finden. Auch die zahllosen renommierten Besucher der bisherigen Tammschen Sammlung - nach meiner Zeitungslektüre bis hin zum schwedischen König - stehen für mich nicht in dem Ruf, sich für Ausstellungen zu interessieren, die "Begeisterung der Menschen für kriegerische Auseinandersetzungen" wecken sollen.

Und wenn Sie schon der CDU vielleicht hier nicht trauen: Wenn die Bürgerschaft ohne Gegenstimmen ein solches Projekt beschließt - und zwar nach ausführlicher Beratung - dann kann ich mir nicht vorstellen, dass alle Abgeordneten aller Fraktionen übersehen haben sollen, dass hier ein Museum entstehen soll, welches die Militärgeschichte einseitig glorifiziert.

Dennoch bin ich natürlich gerne zu einem Gespräch bereit. Bitte haben Sie aber Verständnis, dass ich mich als Abgeordneter ausgewogen informieren möchte. Ich schlage daher vor, dass Sie einen gemeinsamen Termin mit einem Vertreter des „Internationalen Schifffahrts- und Meeresmuseums Peter Tamm" organisieren, so dass ich beide Seiten gemeinsam in einem konstruktiven Austausch kennenlernen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Heinemann
Schulpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion

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Von: Wanda Wieczorek
Datum: 20. September 2005 11:28:44 Uhr MESZ
An: Robert Heinemann
Betreff: tamm tamm III

Sehr geehrter Herr Heinemann,

vielen Dank für Ihre Email. Es freut mich dass Sie die Gelegenheit zu einem persönlichen Austausch über das geplante 'Internationale Schifffahrts und Meeresmuseum Peter Tamm' im Rahmen der Aktion 'Tamm Tamm - Künstler informieren Politiker' nutzen!

Wie Sie richtig anmerken, zielt die Aktion einerseits auf die Information von Abgeordneten der Bürgerschaft, die im Februar 2004 für das Tamm Museum gestimmt haben. Dass Sie erst danach in die Bürgerschaft eingezogen sind ist mir bekannt und in meinem ersten Anschreiben vom 04.09. entsprechend bemerkt.
Den Sinn unserer Kommunikation sehe ich sicherlich nicht in Schuldzuweisungen gegen CDU oder andere Fraktionen. Vielmehr ist mir daran gelegen, über Handlungsmöglichkeiten nachzudenken, wie das Museum IN SEINER JETZIGEN FORM verhindert werden kann.

In Ihrer Email nehmen Sie Bezug auf die Senatsdrucksache 17/3986 sowie den Besuch renommierter Personen in der Sammlung Tamm und sehen dadurch meine Befürchtungen zur politischen Ausrichtung des Museums zerstreut.
Dem kann ich nicht beipflichten.
Mir ist nicht daran gelegen, über die politische Einstellung des Königs von Schweden zu urteilen. Genau so wenig mache ich jedoch mein eigenes Urteil von der Haltung prominenter Persönlichkeiten abhängig, sondern versuche mir auf Basis der verfügbaren Informationen eine eigene Meinung zu bilden.
Wertvolle Hinweise und Materialien dafür birgt die Ihnen zugegangenen Publikation 'Friedrich Möwe: Tamm Tamm. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion über das Tamm-Museum, Hamburg 2005'.

Um einen möglichen Weg zur Veränderung der Situation aufzuzeigen, möchte ich Ihnen folgend meine Befürchtungen nachvollziehbar machen. Grundsätzlich halte ich es für die Versachlichung einer solchen Diskussion sinnvoll, zwischen der Person Peter Tamm und der Sammlung Peter Tamm zu unterscheiden.

Es ist kein Geheimnis, dass die politische Einstellung Peter Tamms stark ins Militaristische und Nationalistische neigt. Ausführliches zur Person Tamm haben Sie sicherlich bereits in 'F. Möwe: Tamm Tamm' nachgelesen. Einige Beispiele möchte ich folgend dennoch aufführen:

Tamm ist unter anderem Eigentümer des Koehler-Mittler Verlags, der bekannte Rechtsradikale wie Franz Uhle-Wettler (vgl. http://lexikon.idgr.de/u/u_h/uhle-wettler-franz/uhle-wettler-franz.php) oder Hans Georg Prager (http://www.taz.de/pt/2005/06/16/a0295.nf/text.ges,1) heraus gibt. Das Verlagsprogramm ist dominiert von seeromantischer oder kriegs- und militärfixierter Literatur (vgl. http://www.koehler-mittler.de).
Gisela Jaacks, Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte und in dieser Funktion in einem informellen Beirat für das Tamm-Museum vertreten, nimmt dazu folgendermaßen Stellung: "Der Verlag Koehler-Mittler hat einen sehr deutlichen Schwerpunkt im Nationalistischen, der von einer demokratischen staatlichen Stelle nicht so ohne weiteres gutgeheißen werden kann." (in: Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung, 17.09.2005)

Wie Peter Tamm unterstreicht, ist er Sammler aus Leidenschaft, weil er eine "See-Macke" habe. Diese ist seit seiner Kindheit gespeist vom Traum einer Karriere auf See: "Ich wäre gerne Admiral geworden, bin aber aus Versehen in der Presse gelandet." (vgl. Der Meersammler, Silke Behl im Gespräch mit Peter Tamm, NDR, 04.09.2005, http://www.radiobremen.de/nordwestradio/mare-radio/alte_maenner/)
Tamm meldete sich im letzten Kriegsjahr freiwillig zur Marine, das Kriegsende machte den Träumen von einem Leben auf See jedoch ein Ende und er stieg stattdessen die Karriereleiter des Springer-Konzerns empor. Dort war Tamm aufgrund seines straffen Führungsstils bekannt als "der Admiral" (vgl. Möwe 2005, S. 11).
Als Tamm Ende 2004 vom TV-Sender Hamburg 1 zum „Hamburger des Jahres“ gekürt wurde, erklärte er, einem Schiff könne nichts passieren, wenn es „klar nach dem Können“ und „ohne Mehrheitsentscheidung“ geführt werde. Ein Staat, der diesem Prinzip folge, würde „exzellent funktionieren. Da gibt’s nicht so viel Gerede, sondern wäre eine klare Ordnung, (...) aber im Moment haben wir das noch nicht, wir sind noch ein Stück weg ...“.

Ich denke, beide Beispiele illustrieren anschaulich, dass die politischen Ansichten der Person Peter Tamm mit der demokratisch-freiheitlichen Verfasstheit unserer Gesellschaft nicht völlig im Einklang sind.
Dies müsste mich nicht weiter behelligen und könnte Privatangelegenheit von Herrn Tamm bleiben, wenn ich nicht Grund zur Befürchtung hätte, dass diese politischen Einstellungen mit dem Bestand und der Struktur der Sammlung Tamm eng verknüpft sind.
Aus dem Bereich der Bildenden Kunst bin ich mit der identitären Verbindung von SammlerInnen zu ihren Sammlungen vertraut. Diese Bindung ist häufig von einer tiefen Liebe zur Kunst geprägt und geht mit einem großen Interesse an den jeweiligen Exponaten, ihren ProduzentInnen und ihrer Entstehungsgeschichte einher.

Der Bestand der Sammlung Tamm lässt eine vergleichbar innige Beziehung vermuten. Wie Ihnen bekannt ist, umfasst die Sammlung ca. 26.000 Schiffsmodelle, 40.000 Konstruktionspläne von Schiffen, 5.000 Gemälde und Grafiken, mehr als 2.000 Filme, 1.500.000 Fotografien, 120.000 Bücher und zahlreiche Objekte wie nautische Geräte, historische Uniformen, Ehrenzeichen, und Waffen (vgl. Senatsdrucksache 17/3986). Verschiedene BesucherInnen der Sammlung schätzen den Anteil der militärischen Exponate auf über 60% des Gesamtbestandes, darunter zahlreiche Insignien der Befehlsgewalt aus Kaiserzeit und Drittem Reich (vgl. Möwe 2005, S. 39ff sowie die Abbildungen auf beiliegender CD).
Beispielsweise die Marinemalerei wird von Malern wie Carl Saltzmann, Hans Bohrdt, Willy Stöwer oder Claus Bergen vertreten, die während des 1. und teilweise auch 2. Weltkriegs im Dienst des Kaiser bzw. des Militärs malten und das produzieren, was man mild als "Kriegskitsch" bezeichnen könnte. Mag ein gewisser historischer Wert dieser Malerei im Dokumentarischen zu finden sein, so ist ihnen doch keinerlei kunsthistorische Bedeutung zuzugestehen.

Zur Befürchtung, dass sich die politischen Ansichten der Person Peter Tamm in der Sammlung vermitteln könnten, äußert sich Gisela Jaacks in diesem Sinne: "Die Angst vor kriegsverherrlichenden Tendenzen ist nicht völlig aus der Luft gegriffen, denn der Anteil der Exponate der Kriegsmarine ist in Herrn Tamms Sammlung riesig. Diesen Schwerpunkt muss man zurückfahren und in den entsprechenden geschichtlichen Kontext stellen." (Gisela Jaacks in: Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung, 17.09.2005)

Ich stimme Frau Jaacks in diesem Punkt voll zu: es muss ein historischer Rahmen geschaffen werden, der den militaristischen Schwerpunkt der Sammlung kontextualisiert. Um das zu gewährleisten, ist eine kritische Sichtung des Bestands durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Beirat nötig, der gegebenenfalls zu Eingriffen in die Struktur und Präsentation der Sammlung befugt ist. Aber will Herr Tamm das?
Wie Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung am 17.09.05 anmerkt, ist es eben "das Problem aller Museen, bei denen der Stifter auch Gründungsdirektor wurde, [...] deren strukturelle Unfähigkeit, zwischen privaten Neigungen und öffentlichen Interessen zu unterscheiden."
Um im Interesse der Stadt Hamburg und angesichts der politischen Neigungen des Herrn Tamm von vorne herein 'böse Überraschungen' in der Präsentation der Sammlung im Kaispeicher A auszuschließen, muss daher die wissenschaftliche Begleitung satzungsmäßig verankert und mit Herrn Tamm vertraglich vereinbart werden. Bisher ist das lediglich eine Option und Herrn Tamm freigestellt!

In der Senatsdrucksache 17/3986 (Satzung der Peter Tamm Sen. Stiftung) werden dem Stifter Peter Tamm die alleinigen inhaltlichen Bestimmungsrechte zugesichert und Verfügung über Zusammensetzung und Beschlussfassung des Vorstands gewährt. Ich zitiere auszugsweise von Seite 5:
§6
Zusammensetzung des Vorstandes
1. Der Vorstand besteht aus zwei Personen. Prof. Peter Tamm gehört dem Vorstand auf Lebenszeit an, bzw. bis zu dem Zeitpunkt, in dem er seinen Rücktritt erklärt. Neben Herrn Prof. Tamm wird Frau Russalka Nikolov zum Vorstandsmitglied berufen. [die jetzige Geschäftsführerin der Sammlung Tamm, Anm. WW]
2. Der Stifter, Prof. Peter Tamm, kann – unabhängig von seiner Mitgliedschaft im Vorstand – auch die nachfolgenden Vorstandsmitglieder für eine von ihm festzusetzende Dauer berufen.
§8
Beschlussfassung des Vorstandes
1. Solange der Stifter dem Vorstand angehört, entscheidet seine Stimme.
§9
Zusammensetzung des Kuratoriums
1. Solange Prof. Peter Tamm dem Vorstand angehört, ist die Berufung eines Kuratoriums fakultativ

Ich hoffe, Sie können anhand dieser Ausführungen meine Befürchtungen nun etwas besser nachvollziehen.

Wenn Sie an einem gemeinsamen Gespräch unter Beteiligung einer VertreterIn der Sammlung Tamm interessiert sind, könnte dafür ein gemeinsamer Besuch der jetzigen Sammlung in der Elbchaussee Anlass sein. Da ich ab Anfang Oktober beruflich ausserhalb von Hamburg sein werde, sollten wir einen Termin dafür noch im September finden. Bitte lassen Sie mich wissen, welche Tage bei Ihnen dafür in Frage kämen, damit ich meine Anfrage an die Sammlung Tamm richten kann.

Mit freundlichen Grüßen,
Wanda Wieczorek.

zur ergänzenden Lektüre:
Süddeutsche Zeitung, 17.09.2005, Till Briegleb: Hymnen auf die Kriegsmarine?
[...]
Frankfurter Rundschau, 05.07.2005, Frank Keil: Der Admiral. Museumsquerelen in Hamburg
[...]

* * * * *

Von: Robert Heinemann
Datum: 21. September 2005 23:48:02 Uhr MESZ
An: Wanda Wieczorek
Betreff: AW: tamm tamm III

Sehr geehrte Frau Wieczorek,

herzlichen Dank für Ihre Mail. Im September hätte ich nur noch morgen Abend
Zeit, da in der nächsten Woche jeden Abend Parlaments- und Parteitermine
sind - das ist vermutlich zu kurzfristig. Ebenfalls Zeit hätte ich noch am
4.10. abends, falls Sie dann noch in Hamburg sind.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Heinemann
Schulpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion

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Von: Wanda Wieczorek
Datum: 22. September 2005 12:59:52 Uhr MESZ
An: Robert Heinemann
Betreff: tamm tamm IV

Sehr geehrter Herr Heinemann,

vielen Dank für Ihre Email. Ja, heute abend ist leider zu kurzfristig für ein Treffen, ich habe bereits einen anderen Termin vereinbart.

Ich habe mich allerdings mit der Sammlung Tamm in der Elbchaussee in Verbindung gesetzt und wegen Möglichkeiten zur Besichtigung angefragt: mit mindestens 10 Personen kann man als eine eigene Gruppe einen Termin für eine Führung durch die Sammlung vereinbaren. Wenn man als Individuum (oder zu zweit) die Sammlung besichtigen möchte, muss man sich einer bereits angemeldeten Gruppe anschließen. Diese Führungen sind meist nachmittags und nur unter der Woche möglich.

Es könnte also schwierig werden, einen Termin zu finden, an dem wir uns zusammen einer bestehenden Gruppenführung anschließen und die Gelegenheit zu Besichtigung und Diskussion verbinden könnten.

Mir scheinen daher folgende Optionen sinnvoll zu sein:

- KollegInnen aus der CDU-Bürgerschaftsfraktion (gerne auch fraktionsübergreifend) und aus der Aktion Tamm Tamm tun sich zusammen und melden eine Führung an einem Wochentag abends an. Daran anschließen könnte sich ein gemeinsames Gespräch über das Museumsvorhaben in der Hafencity

- Wir treffen uns abseits einer Besichtigung zu einem Gespräch zu zweit (bei dem wir z.B. die in der Broschüre Tamm Tamm beigelegte Foto-CD als Anschauungsmaterial nutzen könnten). Wegen eines genauen Termins müsste ich mich mit meinem Arbeitgeber absprechen - der 4.10 wäre evtl. möglich, sonst auch das darauf folgende Wochenende, d.h. 8. oder 9.10.

- Es ist in Planung, Fotografien aus der Sammlung Tamm von einer Künstlerin aus der Tamm Tamm Aktion öffentlich auszustellen. Frau Russalka Nikolov, Geschäftsführerin der Sammlung Tamm, will an der Ausstellungseröffnung teilnehmen und für ein Gespräch zur Verfügung stehen. Bei diesem Anlass würden also 'beide Seiten' - Sammlung und deren KritikerInnen - zu Wort kommen. Dies könnte eine gute Gelegenheit sowohl für ein persönliches Gespräch als auch für eine Diskussion in größerer Runde sein. Als Termin ist der 29. September in Diskussion, an dem Sie, wie angemerkt, bereits Gremientermine haben. Wenn sich in Bezug auf diesen Termin Klarheit herstellt, werde ich es Sie wissen lassen.

Wie stehen Sie zu meinen Vorschlägen?
Herzlich,
Wanda Wieczorek.

* * * * *

Von: Robert Heinemann
Datum: 23. September 2005 0:30:45 Uhr MESZ
An: Wanda Wieczorek
Betreff: AW: tamm tamm IV

Sehr geehrte Frau Wieczorek,

Ihnen geht es ja darum, persönlich einzelne Abgeordnete zu überzeugen. Ihre Auffassung kenne ich inzwischen - einen weiteren Erkenntnisgewinn brächte mir daher nur ein separater Termin zu dritt - mit Ihnen, einem Vertreter der Sammlung Tamm und mir - wo die unterschiedlichen Meinungen ausdiskutiert werden. Eine reine Besichtigung böte m.E. nicht die Chance für genau diesen Meinungsaustausch - das gleiche gilt für einen Termin am Rande einer anderen Veranstaltung.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Heinemann
Schulpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion

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Von: Wanda Wieczorek
Datum: 26. September 2005 9:56:29 Uhr MESZ
An: Robert Heinemann
Betreff: tamm tamm V

Sehr geehrter Herr Heinemann,

wie Sie wissen, zielt die Aktion 'Tamm Tamm - Künstler informieren Politiker' darauf, dass KünstlerInnen und Kulturschaffende einzelne Abgeordnete mit zusätzlichen Informationen zur Sammlung Tamm und zu dem geplanten Museum vertraut machen, als denen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlagen. Aus diesem Grund habe ich Ihnen per Email meine Argumente dargelegt, Ihnen das Angebot für ein persönliches Treffen gemacht und Ihnen per Post die Broschüre Tamm Tamm zukommen lassen.
Ich halte es jedoch nicht für meine Aufgabe, den Prozess 'Sammler informieren Politiker' zu organisieren. Dazu wenden Sie sich bitte an die Geschäftsführerin der Sammlung Tamm, Russalka Nikolov (Telefon 82 13 41).

Wie Sie in Ihrer Email vom 15.09. darlegen, beziehen Sie Ihre Argumente pro Tamm Museum aus der Senatsdrucksache 17/3986, in der das geplante Museum als Glanzlicht der hamburgischen Kulturlandschaft gepriesen wird. Ebenso sind in dieser Drucksache grobe thematische Zielsetzungen skizziert. Nun hatte ich vergangenen Freitag per Telefon eine interessante und anregende Diskussion mit Frau Nikolov. Sie vertritt naheliegenderweise eine Position, die der in der Senatsdrucksache dargestellten Einschätzung entspricht. In Bezug auf die Befürchtungen der Hamburger Künstlerschaft verweist sie auf ein Konzept, das gerade in Ausarbeitung sei und erst im Dezember der Kulturbehörde vorgelegt und dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde.

Bevor tatsächlich weitere inhaltliche Argumente von Seiten der Sammlung-Tamm geäußert werden, ist es für mich wenig sinnvoll, mich mit deren VertreterInnen auf eine vertiefte Diskussion um ein 'bisher leider nicht fertiggestelltes Konzept' einzulassen. Ich werde mir persönlich die Sammlung sicherlich anschauen. Ebenso möchte ich den Ausstellungstermin am Donnerstag abend wahrnehmen (Hinweis siehe unten).

Wenn Sie der Meinung sind, über meine schriftlichen Darstellungen und die Lektüre des Buches Tamm Tamm mit einer zu Tamm-Sammlung und CDU-Fraktion alternativen Argumentation ausreichend vertraut zu sein, kann ich Sie nicht zu einem persönlichen Treffen zwingen. Ich hoffe daher, dass Sie diese Informationen in Ihre Meinungsbildung zur Sammlung Tamm einfließen lassen und entsprechend in der Bürgerschaft agieren. Wie bereits angefragt, halte ich es auch für sinnvoll, die bildungspolitischen Implikationen der Sammlung und eines möglichen Museums zu hinterfragen und auf eine den wissenschaftlichen Grundsätzen entsprechende Museumskonzeption hinzuwirken.

Mit freundlichen Grüßen,
Wanda Wieczorek.

*
Schiffe versenken mit Tamm - Tamm

Donnerstag, 29. September 2005, 19 Uhr
Blinzelbar
Große Bergstraße 158 -
22767 Hamburg

* * * * *

[Danach musste das Bemühen um eine persönliche Begegnung leider abgebrochen, werden, da die Patin berufsbedingt ihren Wohnort Hamburg aufgegeben hat.]

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