TAMM TAMM

Künstler informieren Politiker

Bergermann, Dr. Ulrike

Hamburg als "Tor zur Welt" rückt in ein schiefes Licht, wenn es Schiffahrtsgeschichte in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Krieges darstellt. Ich konnte mich persönlich bei einer Führung davon überzeugen, dass der Charakter der Sammlung ausgesprochen militaristisch ist; joviale Witzchen z.B. über "den Platz an der Sonne" als Bezeichnung für die Kolonien, in denen bekanntermaßen Ausbeutung

"ulrike bergermann" <ubergermann@gmx.de>

An: Dr. Manfred Jäger <manfred.jaeger@cduhamburg.de>

Betreff: Re: Tamm-Museum

Datum: 22.9.05


Sehr geehrter Herr Dr. Jäger!


Haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort - und für die Bereitschaft, sich auch ein persönliches Bild von der Tamm-Sammlung und der Stellungnahme Ihrer Fraktion zu machen! Wie Sie wissen, zielt die Aktion mit dem Namen "KiP" darauf, eine öffentliche Diskussion zu führen, und vor diesem Hintergrund würde ich Sie nochmals bitten, mir einen Gesprächstermin anzubieten: Wir möchten gerne alle verschiedenen Meinungen und Aspekte (die sicherlich auch innerhalb der Fraktionen unterschiedlich perspektiviert sind) zusammentragen. Diese Diskussion möchten wir dokumentieren, und wir möchten darüberhinaus besprechen, wie man den jetzigen Planungsstand noch verändern kann, vor allem was die Art der Präsentation, der wissenschaftlichen Aufarbeitung usw. angeht. Dazu brauchen wir auch Ihre Meinung! Ich würde gerne zu Ihnen kommen und, wenn Sie erlauben, unser Gespräch aufzeichnen. Oder wir besuchen zusammen die Ausstellung, oder auch gerne eine weitere öffentliche Diskussion:

Es ist in Planung, Fotografien aus der Sammlung Tamm von der Künstlerin Judith Haman aus der Tamm Tamm Aktion öffentlich auszustellen. Frau Russalka Nikolov, Geschäftsführerin der Sammlung Tamm, will an der Ausstellungseröffnung teilnehmen und für ein Gespräch zur Verfügung stehen. Bei diesem Anlass würden also 'beide Seiten' - Sammlung und deren KritikerInnen - zu Wort kommen. Dies könnte eine gute Gelegenheit sowohl für ein persönliches Gespräch als auch für eine Diskussion in größerer Runde sein. Als Termin ist der 29. September in Diskussion. Wenn sich in Bezug auf diesen Termin Klarheit herstellt, werde ich es Sie wissen lassen.


Üer eine Antwort würde ich mich sehr freuen!

Mit freundlichen Grüssen,


Ulrike Bergermann


***

Dr. Manfred Jäger <manfred.jaeger@cduhamburg.de>

An: "ulrike bergermann" <ubergermann@gmx.de>

Betreff: Re: Tamm-Museum

Datum: Wed, 21 Sep 2005 11:23:01 +0200

 


Sehr geehrte Frau Dr. Bergermann,

vorab möchte ich mich für die verspätete Antwort auf  Ihr genanntes Schreiben entschuldigen. Die Fraktion der CDU hatte sich darauf geeinigt, dass sowohl Ihr als auch die entsprechenden Schreiben an die anderen Fraktionskollegen, zentral durch den Fachsprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion beantwortet werden. Insoweit hatte ich den Zeitablauf nicht in der Hand.

Zwischenzeitlich ist eine entsprechende Antwort ergangen, die ich als Anlage beigefügt habe und der ich mich inhaltlich hiermit anschließen will.

Ich behalte mir vor, nach zukünftiger Besichtigung der Ausstellung meine Ansicht zu fundieren, derzeit halte ich das Konzept aber für gelungen.


Mit freundlichem Gruß


Dr. Manfred Jäger



05_09_16_Antwort_Tamm-Ini.pdf


----- Original Message -----

From: "ulrike bergermann" <ubergermann@gmx.de>

To: <Manfred.Jaeger@cduhamburg.de>

Sent: Monday, September 19, 2005 6:29 PM

Subject: Tamm-Museum



Sehr geehrter Herr Dr. Jäger!

Ich habe Ihnen bereits einen Brief geschrieben und keine Antwort erhalten - vielleicht klappt es ja per Mail. Ich schrieb Ihnen in einer Angelegenheit, die auf den ersten Blick nicht in Ihr Arbeitsgebiet fällt und auf den zweiten dennoch immens relevant ist:

Es geht um das sogenannte “Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, Hamburg” oder kurz das "Tamm-Museum", das zur Zeit Tausende von Exponaten aus Schifffahrts- und Kriegsgeschichte in einer Villa an der Elbchaussee präsentiert und neben die Elbphilharmonie in der Hafencity in den Kaispeicher B umziehen soll. Dafür hat die Hamburgische Bürgerschaft, wenige Wochen bevor Sie Mitglied wurden, die Summe von 30 Millionen Euro (für den Museumsausbau und die Aufbereitung der Sammlung) bewilligt sowie einen Vertrag unterzeichnet, der 99 Jahre mietfreie Nutzung ebenso vorsieht wie die alleinige Verfügungsgewalt von Peter Tamm über die Gestaltung der Ausstellung. Genaueres können Sie in der beigelegten, sorgfältig recherchierten Broschüre finden.

Eine Initiative von weit über 121 Personen hat sich nun zusammengeschlossen, um die Eröffnung dieses Museums infrage zu stellen und sich mit diesem Anliegen an die Abgeordneten zu wenden: In dieser Angelegenheit brauchen wir die Unterstützung der Bürgerschaft. Daher bitte ich Sie, auch wenn Sie nicht persönlich (wie alle CDU- und SPD-Abgeordneten) für das Tamm-Museum abgestimmt haben, die folgenden Argumente gegen das Museum anzusehen – und zu bedenken, welch großer Schaden der Stadt Hamburg mit der Eröffnung dieses Museums zugefügt werden könnte, genauer: wie immens der Image-Verlust sein wird, sobald bestimmte Einzelheiten und Zusammenhänge durch die Presse gehen.

Ich nenne nur wenige Schlagworte:

- Hamburg als "Tor zur Welt" rückt in ein schiefes Licht, wenn es Schiffahrtsgeschichte in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Krieges darstellt. Ich konnte mich persönlich bei einer Führung davon überzeugen, dass der Charakter der Sammlung ausgesprochen militaristisch ist; joviale Witzchen z.B. über "den Platz an der Sonne" als Bezeichnung für die Kolonien, in denen bekanntermaßen Ausbeutung (bis hin zum Völermord an den Hereros) und nicht Sonnenbaden wichtig war, könnten weiterhin die Präsentation der Sammlung bestimmen, denn Peter Tamm hat das alleinige Recht, über diese Dinge zu entscheiden.

- Ein großes Problem stellen die zahllosen NS-Sammelstücke dar, deren Präsentation in keiner Weise etwas über den Kontext der Dinge aussagt (geschweige denn eine kritische Einordnung vornimmt), vielmehr gibt es Vitrinen, in denen Hakenkreuze inmitten der Familienandenken liegen, in einem völlig verharmlosenden Sammelsurium – so wurde die Fotografie des lachenden Horst Wessel neben dem Familienwappen von Tamms Ehefrau kommentiert, der habe "einen Mordsspaß", denn er habe soeben (1939) drei britische Boote versenkt. Selbst ohne eine solche "Führung" ist es unmöglich, nationalsozialistische Ausstellungstücke unkommentiert hübsch auszustellen. Ob das neue Museum damit die "Ewiggestrigen" anzieht oder nicht: Hamburg kann es sich keinesfalls leisten, seinen internationalen Besuchern einen derart zweifelhaften Umgang mit der Geschichte zu präsentieren. (Möglicherweise stellt sich hier sogar ein juristisches Problem im öffentlichen Umgang mit Hakenkreuzen usw., das wissen Sie als Fachmann besser; in jedem Fall besteht hier ein politisches.) Es wird mit ca. 200.000 Besuchern im Jahr gerechnet.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen:

- Über die Kulturpolitik der Hansestadt ließe sich reden, die die lokalen Kunst- und Geschichtsinitiativen nicht mehr finanziert, dagegen in Projekte investiert, die Kultur nur noch als Standortfaktor sehen;

- über die Peinlichkeit, dass sich das Museum als "wissenschaftliche" Einrichtung darstellt (unterstrichen durch den Professorentitel, den Frau Horakova Herrn Tamm verliehen hat), aber keine einzige Tätigkeit oder Veröffentlichung auf irgendwelche wissenschaftlichen Forschungstätigkeiten hinweist – es sei denn, man setze das Wissenschaftsverständnis des 19. Jahrhunderts an, das das Sammeln möglichst großer Mengen von Dingen bereits als solches verstand...

– oder es ließe sich hinweisen auf weitere zweifelhafte Verflechtungen, etwa des Köhler-Mittler-Verlags, der Peter Tamm gehört (Titel u.a. "Deutsche Kampfschwimmer im

zweiten Weltkrieg" oder "Minenschiffe 1939-1945"), und von dessen Autoren einige in rechtsextremen Kreisen arbeiten und publizieren;

- problematisch auch die Verflechtung von öffentlichen und privaten Geldern, von Standortpolitik und Spenden, wenn die EON bei Abwanderung aus Hamburg nach Quickborn etwa aufgefordert wurde, als Beweis für die Treue zum Standort Hamburg doch einen grösseren Betrag an die (private!) Tamm-Stiftung zu überweisen, uvm.

- Mir scheint es auch untragbar, dass es kein unabhängiges Gremium gibt, das für die wissenschaftliche Aufbereitung der Sammlung und für die Präsentation zuständig ist. (Die "Organe" spotten dem Vereinsrecht Hohn, sie sind vollständig von Peter Tamm bestimmt.) Der Bestand der Sammlung wurde einer privaten Stiftung übereignet, deren Direktor der Sammler ist. Das ist für ein öffentlich gefördertes Museum nicht angemessen.

Bitte machen Sie sich doch selbst ein Bild von dieser problematischen Angelegenheit. Ich möchte Sie bitten, sich mit mir die Sammlung einmal zusammen anzusehen und/oder bei einem Gespräch zu erörtern, wie Ihre Einstellung zum Tamm-Museum ist und was sich bewegen ließe. Vorurteilen gegen Hamburgische Pfeffersäcke, die von Wissenschaft und Geschichte nichts verstehen, und Vorurteilen gegen Deutsche, die den Nationalsozialismus verharmlosen, sollte keine Nahrung gegeben werden.

Bitte teilen Sie mir mit, wann wir einen Termin vereinbaren können!


Mit freundlichen Grüßen


Ulrike Bergermann




Zu meiner Person: Ich habe in Hamburg promoviert und arbeite als Vertretungsprofessorin für Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, habe aber meinen Wohnsitz in Hamburg behalten und mich der Initiative angeschlossen, weil mir diese Mélange aus Militarismus und Pseudowissenschaft so ungeheuerlich erscheint.

Mehr Informationen finden Sie auch unter http://www.tamm-info.de.


 http://www.upb.de/~bergerma


* * *


Dr. Ulrike Bergermann

Baumeisterstr. 15

20099 Hamburg

Tel. 040-24 99 73

ubergermann@gmx.de



Herrn

Dr. Manfred Jäger

Bezirk Hamburg-Nord

Abgeordnetenbüro Alsterdorfer Str. 297

22297 Hamburg


Hamburg, den 3. September 2005

Betr.: Tamm-Museum


Sehr geehrter Herr Dr. Jäger!


Ich schreibe Ihnen in einer Angelegenheit, die auf den ersten Blick nicht in Ihr Arbeitsgebiet fällt und auf den zweiten dennoch immens relevant ist: Es geht um das sogenannte “Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, Hamburg” oder kurz das "Tamm-Museum", das zur Zeit Tausende von Exponaten aus Schifffahrts- und Kriegsgeschichte in einer Villa an der Elbchaussee präsentiert und neben die Elbphilharmonie in der Hafencity in den Kaispeicher B umziehen soll. Dafür hat die Hamburgische Bürgerschaft, wenige Wochen bevor Sie Mitglied wurden, die Summe von 30 Millionen Euro (für den Museumsausbau und die Aufbereitung der Sammlung) bewilligt sowie einen Vertrag unterzeichnet, der 99 Jahre mietfreie Nutzung ebenso vorsieht wie die alleinige Verfügungsgewalt von Peter Tamm über die Gestaltung der Ausstellung. Genaueres können Sie in der beigelegten, sorgfältig recherchierten Broschüre finden.

Eine Initiative von weit über 121 Personen hat sich nun zusammengeschlossen, um die Eröffnung dieses Museums infrage zu stellen und sich mit diesem Anliegen an die Abgeordneten zu wenden: In dieser Angelegenheit brauchen wir die Unterstützung der Bürgerschaft. Daher bitte ich Sie, auch wenn Sie nicht persönlich (wie alle CDU- und SPD-Abgeordneten) für das Tamm-Museum abgestimmt haben, die folgenden Argumente gegen das Museum anzusehen – und zu bedenken, welch großer Schaden der Stadt Hamburg mit der Eröffnung dieses Museums zugefügt werden könnte, genauer: wie immens der Image-Verlust sein wird, sobald bestimmte Einzelheiten und Zusammenhänge durch die Presse gehen.

Ich nenne nur wenige Schlagworte:

- Hamburg als "Tor zur Welt" rückt in ein schiefes Licht, wenn es Schiffahrtsgeschichte in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Krieges darstellt. Ich konnte mich persönlich bei einer Führung davon überzeugen, dass der Charakter der Sammlung ausgesprochen militaristisch ist; joviale Witzchen z.B. über "den Platz an der Sonne" als Bezeichnung für die Kolonien, in denen bekanntermaßen Ausbeutung (bis hin zum Völermord an den Hereros) und nicht Sonnenbaden wichtig war, könnten weiterhin die Präsentation der Sammlung bestimmen, denn Peter Tamm hat das alleinige Recht, über diese Dinge zu entscheiden.

- Ein großes Problem stellen die zahllosen NS-Sammelstücke dar, deren Präsentation in keiner Weise etwas über den Kontext der Dinge aussagt (geschweige denn eine kritische Einordnung vornimmt), vielmehr gibt es Vitrinen, in denen Hakenkreuze inmitten der Familienandenken liegen, in einem völlig verharmlosenden Sammelsurium – so wurde die Fotografie des lachenden Horst Wessel neben dem Familienwappen von Tamms Ehefrau kommentiert, der habe "einen Mordsspaß", denn er habe soeben (1939) drei britische Boote versenkt. Selbst ohne eine solche "Führung" ist es unmöglich, nationalsozialistische Ausstellungstücke unkommentiert hübsch auszustellen. Ob das neue Museum damit die "Ewiggestrigen" anzieht oder nicht: Hamburg kann es sich keinesfalls leisten, seinen internationalen Besuchern einen derart zweifelhaften Umgang mit der Geschichte zu präsentieren. (Möglicherweise stellt sich hier sogar ein juristisches Problem im öffentlichen Umgang mit Hakenkreuzen usw., das wissen Sie als Fachmann besser; in jedem Fall besteht hier ein politisches.) Es wird mit ca. 200.000 Besuchern im Jahr gerechnet.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen:

- Über die Kulturpolitik der Hansestadt ließe sich reden, die die lokalen Kunst- und Geschichtsinitiativen nicht mehr finanziert, dagegen in Projekte investiert, die Kultur nur noch als Standortfaktor sehen;

- über die Peinlichkeit, dass sich das Museum als "wissenschaftliche" Einrichtung darstellt (unterstrichen durch den Professorentitel, den Frau Horakova Herrn Tamm verliehen hat), aber keine einzige Tätigkeit oder Veröffentlichung auf irgendwelche wissenschaftlichen Forschungstätigkeiten hinweist – es sei denn, man setze das Wissenschaftsverständnis des 19. Jahrhunderts an, das das Sammeln möglichst großer Mengen von Dingen bereits als solches verstand...

– oder es ließe sich hinweisen auf weitere zweifelhafte Verflechtungen, etwa des Köhler-Mittler-Verlags, der Peter Tamm gehört (Titel u.a. "Deutsche Kampfschwimmer im

zweiten Weltkrieg" oder "Minenschiffe 1939-1945"), und von dessen Autoren einige in rechtsextremen Kreisen arbeiten und publizieren;

- problematisch auch die Verflechtung von öffentlichen und privaten Geldern, von Standortpolitik und Spenden, wenn die EON bei Abwanderung aus Hamburg nach Quickborn etwa aufgefordert wurde, als Beweis für die Treue zum Standort Hamburg doch einen grösseren Betrag an die (private!) Tamm-Stiftung zu überweisen, uvm.

- Mir scheint es auch untragbar, dass es kein unabhängiges Gremium gibt, das für die wissenschaftliche Aufbereitung der Sammlung und für die Präsentation zuständig ist. (Die "Organe" spotten dem Vereinsrecht Hohn, sie sind vollständig von Peter Tamm bestimmt.) Der Bestand der Sammlung wurde einer privaten Stiftung übereignet, deren Direktor der Sammler ist. Das ist für ein öffentlich gefördertes Museum nicht angemessen.

Bitte machen Sie sich doch selbst ein Bild von dieser problematischen Angelegenheit. Ich möchte Sie bitten, sich mit mir die Sammlung einmal zusammen anzusehen und/oder bei einem Gespräch zu erörtern, wie Ihre Einstellung zum Tamm-Museum ist und was sich bewegen ließe. Vorurteilen gegen Hamburgische Pfeffersäcke, die von Wissenschaft und Geschichte nichts verstehen, und Vorurteilen gegen Deutsche, die den Nationalsozialismus verharmlosen, sollte keine Nahrung gegeben werden.

Bitte teilen Sie mir mit, wann wir einen Termin vereinbaren können!

Mit freundlichen Grüßen



Mehr Informationen finden Sie auch unter http://www.tamm-info.de.

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