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Breitenfeld, Heike |
Protokoll meines Treffens mit dem SPD Abgeordneten Uwe Grund am 20.09.05 um 14.30 Uhr
Uwe Grund ist Bürgerschaftsabgeordneter seit 1991 und zurzeit Mitglied des Kulturausschusses der SPD. Er war am 12.02.04 bei der Entscheidung über das “Internationale Schiffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm“ voll und ganz anwesend und hat mit seiner Fraktion dafür gestimmt.
Auf meine Frage nach seinen Beweggründen, versicherte er mir, dass es innerhalb der SPD eine äußerst kritische Auseinandersetzung über das Tammmuseum gegeben hätte. Er sei allerdings zu der Zeit noch nicht im Kulturausschuss gewesen und daher nicht im Detail mit der Materie befasst gewesen. Allerdings erwies sich meine patenschaftliche Annahme, dass die Abgeordneten nicht wussten, was sie taten als irrig: Uwe Grund hatte die Sammlung in der Elbchaussee schon vor Jahren besucht und laut seinen Aussagen war die stark militärlastige Ausrichtung der Sammlung den Abgeordneten bekannt und eben auch Gegenstand des SPD interne Disputs. Es gab Zweifel, ob es sich nicht „um ein Geschenk handelt, dass der Stadt teuer zu stehen kommt“. In der Regierungsverantwortung hätte die SPD dem Museum wohl eher nicht zugestimmt, in der Opposition allerdings hätte man mit einem Nein sowieso nichts bewegen können, also Ja. Trotz mehrfacher Versuche einer Verständnisklärung meinerseits wurde mir diese demokratische Spielregel nicht wirklich klar. Auch das Verschwinden der kritischen Auseinandersetzung in der mehrheitlichen parteiinternen Meinungsbildung ist natürlich auch mir bekannt, aber doch immer wieder unbehaglich. Natürlich machen es alle so, wie Uwe Grund versicherte. Es gab auch positive Stimmen in der SPD, die fanden, dass ein maritimes Museum kulturelle Akzente in eine ansonsten triste Bürolandschaft setzt. Ich brauche nicht zu betonen, dass ich an dieser Stelle als schmerzhaft berührte „Patin“ mein Entsetzen über den völligen Verfall des lokalen Kulturbegriffes geäußert habe. Im übrigen gab es denn doch seinerzeit eine Empfehlung des Kulturausschusses für ein positives Votum, weil man der Ansicht war, dass das Museum finanziell tragfähig ist und weil man der Ansicht war, dass die Sammlung zumindest die Möglichkeit bietet, daraus mit fachlicher Kompetenz ein qualitativ sinnvolles Museum zu gestalten. Auf das Zustandekommen der fachlichen Kompetenz hat man sich irgendwie verlassen. Auf meinen Einwand, dass Peter Tamm völlig autokratisch handeln und bestimmen kann, entgegnete Uwe Grund, dass für die Verträge schließlich nicht die Bürgerschaft, sondern der Senat zuständig ist. Aber trotzdem hat die Bürgerschaft von dem Alleinzuständigkeitsrecht Peter Tamms gewusst. So sei dass nun mal mit Geschenken. Inzwischen ist Uwe Grund Mitglied des Kulturausschusses und auf meine Frage, was er denn heute über das Tammmuseum denke, versicherte er mir, dass er als Pazifist unsere Aktion begrüße und sich darüber freue, dass mehr Menschen die Angelegenheit kritisch sehen. Er versprach , die Diskussion in den Kulturausschuss zu tragen. Eine Rücknahme des Beschlusses ist theoretisch möglich, aber dass hält Uwe Grund für unrealistisch. Er setzt auf einen korrigierenden Beirat. Seine größte Sorge gilt der Möglichkeit, dass sich das künftge Museum zu einem Treffpunkt für Rechtsradikale und Ewiggestrige entwickeln könnte. In diesem Sinne habe ich ihm den Artikel aus der Süddeutschen übergeben, den er noch nicht kannte. Wir wollen weiter in der Sache in Kontakt bleiben.
Heike Breitenfeld
Hamburg, den 05.09.05
Sehr geehrter Abgeordneter Uwe Grund,
sicher haben Sie schon von der Initiative „TAMM TAMM – Künstler informieren Politiker“ gehört (www.tamm-tamm.info): 121 Künstler übernehmen Patenschaften für die 121 Abgeordeneten der Hamburger Bürgerschaft. Ziel der Aktion ist jede/n Abgeordnete/n im persönlichen Gespräch über das geplante „Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm“ zu informieren und das am 12.02.2004 gefällte Votum der Hamburger Bürgerschaft zu hinterfragen. Als Ihre “Patin” möchte ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Heike Breitenfeld, ich habe Freie Kunst in Braunschweig und Hamburg studiert und bin seit 1992 freischaffend in Hamburg tätig.
Unsere Initiative ist Ausdruck des Erstaunens darüber, dass die Errichtung des „Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm“ im Kaispeicher B mit 30 Millionen € Ausbauhilfe ohne jede Gegenstimme beschlossen wurde. Ich bin überzeugt, dass die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft niemals der Errichtung des oben genannten Museums mit öffentlichen Geldern in erheblicher Höhe zugestimmt hätten, hätten Sie ausreichende Informationen über die Sammlung von Peter Tamm gehabt, die mitnichten “die Vermittlung von Geschichte als Grundlage für die Entwicklung der friedlichen Koexistenz der Völker, der Nutzung der Handelswege und der Erforschung der Meere“ in den Vordergrund stellt, wie die Hamburger Bürgerschaft in einer Drucksache am 06.01.04 feststellt.
In Tamms Museum an der Elbchaussee werden vorwiegend Waffen, Uniformen und Orden gezeigt, dabei erhalten deutsche Militaria von 1933–1945 einen Ehrenplatz. Im Vorgarten sind Kanonen und Flak-Geschütze aufgestellt, die sinnbildlich auf die Elbe gerichtet sind. Peter Tamms verlegerische Tätigkeit belegt eine kriegsverherrlichende und nationalideologische Ausrichtung, die nicht nur in beiliegender Broschüre beschrieben ist, sondern auch im Internet für jedermann einsehbar ist. Einem Mann, der beispielsweise die Publikationsreihe „SMS“ (Schiffe Menschen Schicksale) verlegt, die schon in den 50er Jahren „im Stil von Landserheften“ im ungebrochen propagandistischen Wortlaut erschien, wird ermöglicht “in völlig autokratischer Weise zu bestimmen, welche Exponate er in dem neuen Museum präsentiert.“ Die Broschüre „Tamm-Tamm. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion“ von Friedrich Möwe, Hamburg 2005, die ich Ihnen beigefügt schicke, ist äußerst aufschlussreich und sorgfältig recherchiert. Ich halte ein Museum,in dem gewaltsame Eroberungspolitik, Waffen und Kriegshandlungen verharmlost oder glorifiziert werden, untragbar für Hamburg und kann nicht glauben, daß ausgerechnet die neuvisionierte Hafencity sich mit einem unverbesserlich deutschnationalen Projekt international ausweisen will.
Hierüber möchte ich mit Ihnen persönlich sprechen und bitte Sie daher um einen Gesprächstermin. Das Gespräch möchte ich für einen Beitrag zur allgemeinen Dokumentation der Aktion (mit der Videokamera) aufzeichnen.
Mit freundlichen Grüßen, Heike Breitenfeld
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