TAMM TAMM

Künstler informieren Politiker

Bauriedl, Sybille

22.September 2005
Sehr geehrter Herr Hamann,

ich spreche Sie als Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und als haushaltspolitischen Experten der CDU-Fraktion an. Sicher haben Sie schon über Ihre Fraktionskollegen von der Aktion „Künstler informieren Parlamentarier“ gehört. Ziel ist es zum einen, alle Bürgerschaftsabgeordneten mit aktuellen Informationen zum geplanten Internationalen Schifffahrts- und Meeresmuseums zu versorgen und hierüber ins Gespräch zu kommen und zum anderen, für eine öffentliche Aufmerksamkeit für die Ausrichtung der Ausstellung zu sorgen. Über die Aktion wurde auch schon in der Presse berichtet (vgl. Hamburger Morgenpost vom 17.09.2005, Süddeutsche Zeitung vom 18.09.2005). Die Beteiligten dieser Aktion sind genauso wie andere Hamburger Künstler, Wissenschaftler und Museumsmacher davon überzeugt, dass das Museum mit dem geplanten Ausstellungskonzept und einer alleinigen Entscheidungsmacht bei Herrn Peter Tamm, nicht zum Wohle der Stadt Hamburg dient. Ausgelöst wurde die Kritik durch eine im Juni 2005 vorgelegte Studie zu Peter Tamms Tätigkeit als Verleger von u.a. Militär- und NS-Literatur (Köhler-Mittler-Verlag) und zu seiner Privatausstellung, die einen kriegsverherrlichenden Eindruck hinterlässt. Die Privatsammlung von Peter Tamm, die Sie an der Elbchaussee besichtigen können, zeigt in dominanter Weise Ausstellungsstücke der deutschen NS- und Militärgeschichte. Es steht zu befürchten, dass mit dem internationalen Schifffahrts- und Meeresmuseum ein kriegsverherrlichendes Museum in Hamburg entsteht, wenn Herr Peter Tamm die Gelegenheit bekommt seine militaristische Ausstellungspolitik im Kaispeicher B zu betreiben. Die Kultursenatorin Karin von Welck besteht darauf, dass die Person Peter Tamm vom Projekt „Museum Peter Tamm“ zu trennen ist. Es kann jedoch keine Garantie dafür geben, dass der Sammler Peter Tamm nicht auch weiterhin seiner Obsession der Kriegsbebilderung nachgeht, solange er auch Gründungsdirektor und Leiter des Museum ist.

Neben diesen inhaltlichen Bedenken, gibt auch die ungesicherte Finanzierung dieses Großmuseums Anlass zur Sorge. Die Stadt Hamburg finanziert den Umbau des Kaispeichers zum Museum mit 30 Millionen Euro und überlässt dem Trägerverein von Herr Peter Tamm Gebäude und Grundstück für die nächsten 99 Jahre. Die Finanzierung der Betriebskosten von voraussichtlich 3 Mio Euro kann nicht allein durch die Museumseinnahmen gedeckt werden. In der entscheidenden Bürgerschaftssitzung in der die Abgeordneten Ihrer Partei geschlossen für die Umsetzung des Museums gestimmt haben, wurde auf Sponsoren verwiesen, die allerdings erst noch zu finden seien. Dabei hat die Bürgerschaft verabredet keinen Finanzierungen mit ungeklärten Folgenkosten zu zuzustimmen. Da Sie Experte für haushaltspolitische Fragen sind, bitte ich Sie um einen Kommentar zu dieser Entscheidung. Ich halte die Finanzierung des aktuellen Konzeptes des Schifffahrtsmuseum auch unter standortpolitischen Gesichtspunkten aus den oben aufgeführten Gründen für kontraproduktiv sowohl für die Standortqualität unserer Stadt sowie für den Landeshaushalt.

Zur Zeit läuft die Finanzierung zahlreicher prestigeträchtiger Projekte in Hamburg, die für eine attraktive Stadtgestaltung beitragen sollen, über Sponsoring oder public-private-partnerships. Für den Umbau des Jungfernstiegs und des Spielbudenplatzes konnten einige private Förderer gefunden werden, aktuell wird gleichzeitig für die Finanzierung des Umbaus der Elbphilharmonie, des Domplatzes, des Auswanderermuseums und des Internationalen Schifffahrtsmuseums um private Unterstützung geworben. Es ist zu bezweifeln, dass diese und zukünftige Großprojekte allesamt über Sponsoren finanzierbar sind. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Stadt Hamburg nicht nur sehr Hohe Kosten durch den Umbau des Kaispeichers entstehen, sondern auch durch den Betrieb des Schifffahrtsmuseums. Können nicht ausreichend Sponsoren gefunden werden, wird die Stadt zusätzliche Kosten übernehmen müssen. Dafür, dass private Sponsoren auch das Betriebskostenrisiko der von ihnen geförderten Projekte übernehmen, gibt es in Hamburg bisher keine Beispiele. Die Stadt unterstützt das Museum auf jeden Fall zusätzlich mit indirekter Subventionierung durch die entfallenen Mieteinnahmen. Es liegt bisher keine Expertise vor, ob die Besucherzahlen, die dem Finanzplan des Museums zugrunde liegen, überhaupt erreicht werden können. Es sind keine Daten vergleichbarer Projekte herangezogen worden. Gerade in der Anfangsphase wird die anvisierte Besucherzahl kaum zu erreichen sein, da das aktuell geplante Ensemble am Magdeburger Hafen frühestens 2010 fertiggestellt und belebt sein wird. Beispiele für Fehlkalkulationen bei Großevents gibt es dagegen viele (bspw. Space-Park Bremen). Bisher sind die Sonderausstellungen Hamburger Museen der letzten Jahre, mit Exponaten aus der Privatsammlung Peter Tamm noch nicht zu Besuchermagneten geworden. All diese doch wesentlichen Daten spielten im Finanzkonzept des Museums keine Rolle (vgl. Bü-Drs. 17/4147). Aus all diesen Gründen halte ich die Erfolgschancen des Museums für nicht gesichert. Diesem finanziellen Aufwand und Risiko der Stadt Hamburg steht keine entsprechende Gestaltungsmacht über die geplante Ausstellung gegenüber. Hamburg finanziert ein Privatmuseum im neuen Herzen der Stadt ohne ausreichendes Mitspracherecht. Wie wollen Sie dies den Hamburger Bürgerinnen und Bürgern vermitteln?

Die Entscheidung zur Finanzierung des Museums in der Hafencity und die Übertragung der Museumsleitung an Herrn Peter Tamm ist schon am 06. Januar 2005 vom Hamburger Senat beschlossen und bei der Bürgerschaftssitzung am 12. Februar 2005 ohne Gegenstimme zugestimmt worden. Ich halte es auf Grund der aufgeführten Argumente für notwendig diese Entscheidung zu überdenken. An einer persönlichen Stellungnahmen von Ihnen zu diesem Thema wäre mir daher sehr gelegen. Ich halte das Projekt für wichtig genug, dass jeder einzelne Abgeordnete sich hierzu äußern sollte. Zumal es nicht nur um eine kulturpolitische, sondern auch finanz- und standortpolitische Entscheidung geht. Sehr freuen würde ich mich auch über ein Gespräch mit Ihnen über die von mir aufgeworfenen Fragen zum Museum von Herrn Peter Tamm und Ihrer Position zu diesem Projekt. Falls Sie sich für die erwähnte Studie zur Person Peter Tamm und seine Privatsammlung interessierten, lasse ich Ihnen diese gerne zukommen.

Mit freundlichen Grüßen,
Sybille Bauriedl

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