Almut E. Broer
Auszug aus dem Anhang zur Drucksache 18/1300 Anlage G, S.135
"Die Tamm Sen. Stiftung hat das Ziel, die Sammlung Peter Tamm frei von staatlicher Einflussnahme und laufender staatlicher Unterstützung allein der Geschichte und der Wissenschaft verpflichtet, in Hamburg Zwecken der Forschung und/oder Volksbildung nutzbar zu machen“
und S. 137 "§ 3 Die Vertragsparteien stellen ausdrücklich klar, dass das alleinige Entscheidungsrecht über die Präsentation der musealen Sammlung Peter Tamm, die Auswahl der Exponate, die Gewährung und Entgegennahme von Leihgaben, die Durchführung von Ausstellungen, Vorträgen und der gesamte Betrieb des Museums allein bei der Peter Tamm Sen. Stiftung liegt."
Frage:
Wie bringen Sie unter diesen Voraussetzungen als Kunstwissenschaftlerin, Mitglied des Kulturausschusses sowie Fachsprecherin für Kultur in der SPD den emanzipatorischen und erzieherischen Auftrag öffentlicher und öffentlich geförderter Museen in Einklang mit dem o. g. Bestandteilen des Vertrages zw. Peter Tamm und der FuH Hamburg unter Berücksichtigung der Person Peter Tamm?
Antwort Stapelfeldt:
Die Tamm Stiftung steht damit in der Verantwortung, das mit dem Bürgerschaftsbeschluss ermöglichte Vorhaben, ein neues Museum einzurichten und die große Sammlung zur Schifffahrts- und Marinegeschichte im Kaispeicher B öffentlich zu zeigen, angemessen umzusetzen. Angemessen heißt für mich: nach den Maßstäben einer modernen Museumskonzeption. Das war auch der Grund für die SPD-Abgeordneten, im Kulturausschuss im August des letzten Jahres darauf zu drängen, dass ein wissenschaftlicher Beirat für das Museum eingerichtet werde. In dieser Ausschusssitzung wurde den Abgeordneten ein Sachstandsbericht des „Internationalen Schifffahrts- und Meeresmuseums Peter Tamm Hamburg“ vorgelegt, der u.a. auch ein Ausstellungskonzept beinhaltete. Wir haben die damals vorgelegte Ausstellungskonzeption, die sich nur marginal von der ersten Vorlage aus der Drs. 17/3986 unterschied, als inhaltlich nicht ausreichend und zu flach kritisiert. Deshalb und auch aus grundsätzlichen Erwägungen haben wir einen wissenschaftlichen Beirat mit fachlich ausgewiesenen Experten gefordert. Das wurde in der Sitzung und auch später in den Medien von der Stiftung kategorisch zurückgewiesen. Leider.
Im Januar dieses Jahres wurde in einer Sitzung des Kulturausschusses die Anhörung vom August 2004 ausgewertet. Dort informierten die Senatsvertreter den Kulturausschuss u.a. darüber, dass ein informeller Beirat gegründet wurde. Die Senatsvertreter gingen damals davon aus, dass sich der zurzeit formlos tagende informelle Beirat nach und nach institutionalisieren könne.
Wir haben das Zustandekommen eines informellen Beirats begrüßt, da wir die vom Kulturausschuss angeregte wissenschaftliche Rückkopplung und das Gespräch mit den Direktoren der Hamburger Museumsstiftungen sehr wichtig für die Qualität des Tamm-Museums halten.
Ich unterstreiche noch einmal, dass die öffentlich gewährten Mittel von 30 Mio. Euro nicht ein Geschenk ohne Gegenleistung, sondern eine hohe Verpflichtung bedeuten.
Frage:
Welche Gründe führten zu dieser Entscheidung, ohne ein vorgelegtes inhaltliches Konzept, eine Summe von 30 Mill. EUR zu bewilligen?
Antwort Stapelfeldt:
Schon lange vor dem Beschluss der Bürgerschaft im Februar 2004 wurde nach einer Ausstellungsmöglichkeit für die Sammlung von Peter Tamm gesucht. Er hat seit über 70 Jahren die weltweit größte Sammlung zur Internationalen Schifffahrts- und Marinegeschichte zusammengetragen und ist dankenswerterweise bereit gewesen, diese Sammlung in eine Stiftung zu geben und damit der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Im umzubauenden Kaispeicher B werden rund 27.000 Schiffsmodelle, 35.000 Konstruktionspläne von Schiffen, eine Vielzahl von nautischen Geräten, Gemälden, Graphiken und rund 1,5 Millionen Photographien beherbergt. Dieses Angebot von Prof. Tamm hat der Senat nicht ausgeschlagen. Schon zu Zeiten des SPD-GAL-Senats wurde nach einer Ausstellungsmöglichkeit für diese Sammlung in Hamburg gesucht. Dem Ansinnen des Senats mit der vorgeschlagenen Lösung einer Unterbringung im Kaispeicher B in der HafenCity konnten und wollten wir uns nicht verschließen, wenngleich die SPD-Fraktion, wie unser entsprechender Antrag (Drs. 17/4121) zeigt, mit dem dargelegten Finanzierungskonzept nicht von Anfang an einverstanden war.
Die 30 Mio. €, von denen Sie sprechen, sind für den Umbau des Speichers in ein Museum vorgesehen und kommen der Stiftung zugute. Hinzu kommen das unentgeltliche Erbbaurecht am Kaispreicher B sowie 2000 qm Fläche im angrenzenden Speicher Hermann. Was die Betriebskosten angelangt, sollen ca. 15 Mio. € an privaten Geldern eingeworben werden. Aus den Zinsen soll ein Teil der Betriebskosten gedeckt werden. Wichtig an dieser Art der Finanzierung ist, dass die Stadt an diesen Kosten nicht weiter beteiligt wird und diese vom Museum allein erwirtschaftet werden müssen. Nach einer Debatte im Kulturausschuss Anfang des letzten Jahres war der Senat zu Änderungen im Finanzierungskonzept bereit, so dass wir dem Antrag im Plenum zustimmen konnten.
Über die 30 Mio. hinaus wird es keine weiteren Mittel aus dem Haushalt geben.
Im August 2004 haben wir neben den vertraglichen Grundlagen, dem Sanierungs- und Ausstellungskonzept und den Leitlinien, auch kritisch hinterfragt, ob die Betriebskosten des Projekts realistisch eingestellt wurden und ob die Ziele, die sich der Senat gesetzt hat, eingehalten werden können.
Broer:
Ich habe Sie stets als fortschrittliche, engagierte Bürgerschaftspräsidentin wahrgenommen, beispielsweise erinnere ich mich noch sehr gut an Ihre Eröffnungsrede der Ausstellung zur Geschichte der Hamburger Außenlager des KZ Neuengamme oder an Ihre Beteiligung an dem Aufruf des Hamburger Initiativkreises „Kein Naziaufmarsch zum 60. Jahrestag“ in diesem Jahr bzw. die Aktion zum Versammlungsrecht „historische Orte schnell benennen“.
Peter Tamm ist bekanntermaßen Besitzer von Verlagen, u. a. auch dem E. S. Mittler & Sohn Verlag, in dem sehr eindeutig rechtslastige und (see-)kriegsverherrlichende Literatur veröffentlicht wird, Tamm Reader S. 27, aber auch neueste Veröffentlichungen zeigen die gleiche, politische Einstellung, siehe Vorwort zum Buch „Maritime Malerei“, 2005:
Ein Beispiel: „1801, die Schlacht von Kopenhagen. An Deck des englischen Linienschiffes „Elephant“, dem Flaggschiff Lord Nelsons, sitzt Robinson Kittoe. Auf seinen Knien ein Skizzenbuch. Links und rechts fliegen Kanonenkugeln an ihm vorbei. Kittoe zeichnet wie besessen. Er ist Künstler und Auftragszeichner zugleich, ein Chronist, der das Geschehen im Bilde festhält. Nach seinen Skizzen entstehen später die großen Gemälde dieser Schlacht (Abb. 2). Zu jener Zeit, da noch keine Fotoapparate und Filmkameras das Geschehen festhalten konnten, war der Auftragsmaler neben dem Kapitän ein wichtiger Mann an Bord. Nur er konnte dem Volk ein getreues Bild der Heldentaten seines Herrschers wiedergeben. Das wussten die Mächtigen und zogen künstlerisch begabte Menschen magisch an. Verblasste jedoch die maritime Bedeutung eines Landes und übernahm ein anderes Volk die Seeherrschaft, verloren auch die Künstler ihre Auftraggeber oder folgten - in einigen Fällen - der neuen Flagge.“ Mich beunruhigen solche, um es vorsichtig zu nennen, Verharmlosungen: Solange von Heldentaten gesprochen wird, bezieht sich das auf den Herrscher, obwohl bekanntlich das Volk die „Heldentaten“ beging und mit Leib und Seele dafür büßte.(Kunst mit weitem Horizont, 400 Jahre Marinemalerei, John Nurminen Stiftung, Helsinki 2003)
Frage:
Wie schätzen Sie unter diesen Voraussetzungen, insbesondere im Hinblick darauf , dass auch viele ausländische Touristen nach Hamburg kommen, die Öffentlichkeitswirkung des Gezeigten ein?
Stapelfeldt:
Ich gehe davon aus, dass das Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseum nicht zur Verharmlosung und zur Verherrlichung von Kriegen und Gewalt beitragen darf und sich hier seiner Verantwortung bewusst sein muss. Ich würde eine andere Entwicklung nicht akzeptieren.
Broer:
In der letzten Zeit ist, veranlasst durch eine zunehmend kritische Öffentlichkeit, glücklicherweise mehr über das geplante Tamm Museum diskutiert worden.
Frage:
Denken Sie darüber nach, wie entweder das Tamm Museum verhindert werden oder aber wenigstens Einfluss auf das Museum durch einem ordentlichen wissenschaftlichen Beirat ausgeübt werden kann, der darauf hinarbeitet, dass alle Aspekte bzw. Bereiche der Seefahrt angemessen berücksichtigt werden und das Ganze auch pädagogisch aufbereitet wird?
Antwort Stapelfeldt:
Nach der Grundsatzentscheidung der Bürgerschaft muss es uns jetzt darum gehen, Anstöße zu geben und Einfluss zu nehmen, damit eine umfangreiche maritime Sammlung auf der Grundlage eines guten Ausstellungskonzeptes einem vermutlich großen Publikum zugänglich gemacht werden kann.
Ich hoffe, dass die jetzt benannten Fachleute aus den Hamburgischen Museen uns bald im Kulturausschuss Auskunft dazu geben können.
Frage:
Welche Unterstützung können Sie unserer Initiative geben? Öffentlichkeitsarbeit??
Antwort Stapelfeldt:
Ich bin gerne bereit, Ihnen zu jeder Zeit Informationen zur Verfügung zu stellen.
Broer:
Ein ausschlaggebender Punkt in der Diskussion zum Tamm Museum war und ist die Belebung der Hafencity:
Frage:
Ist es nicht eine verlogene Begründung, dass das Tamm Museum die Hafencity belebt??
Wie viele Besucher muss das Tamm-Museum anziehen, damit sich die 30 Mill. EUR Steuergelder plus die Mietfreiheit des Speichers über die Einnahmen von diesen Touristen durch Gewerbesteuer (Hotels etc.) wieder amortisieren?
Stapelfeldt:
Die Bürgerschaftsdrucksache 17/3986, die der Bürgschaft für ihre Entscheidung als Grundlage diente, enthält einen Wirtschaftsplan-Entwurf für das geplante Schifffahrtsmuseum. In diesem wird eine Besucherzahl von jährlich 150.000 Besuchern prognostiziert. Diese Einschätzung wurde von Experten als realistisch, wenn nicht sogar als vorsichtig bewertet. Das gleiche gilt für die geschätzten Einnahmen des Shops und der Cafeteria, wie die Erfahrungen aus anderen Museums-Shops und Cafes zeigen. Mehr kann ich dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Broer:
Sind (bisherige) Kalkulationen angesichts weiterer maritimer Museen in der Region (z. B. Bremerhaven, Emden, Schiffsmodelle im Museum für Hamburgische Geschichte) realistisch?
Stapelfeldt:
Ich glaube nicht, dass sich die Museen Hamburg und Bremerhaven oder Emden gegenseitig Konkurrenz machen. Dafür ist der räumliche Einzugsbereich zu unterschiedlich. Allerdings muss sehr genau darauf geachtet werden, dass die jeweils typischen Exponate und z.B. Schiffsmodelle im Altonaer Museum und im Museum für Hamburgische Geschichte dort in ihrem inhaltlichen Kontext zur Hamburgischen Geschichte erhalten bleiben.
Letzte Frage:
Die Politik entfremdet sich immer mehr von den Bürgern, auch darüber wird viel diskutiert, wie wäre es, wenn ich die Patenschaft weiter beibehalten und in entsprechenden Situationen mich an Sie wende?
Stapelfeldt:
Ich würde mich freuen! Kommen Sie auf mich zu, wann immer Sie Fragen oder Anliegen haben.
Darf ich Sie zu unseren nächsten Aktivitäten KiP einladen?
Ja.